WM – 2. Spieltag, der Nachmittag most entertaining und durchaus emotional

Standen wir gestern noch am absoluten Anfang, so sind wir heute schon mittendrin, in der WM 2024. Inzwischen haben wir uns auch schon an das weitaus augenschmeichlerischere Grün des Bühnenoutfits gewöhnt, wobei Augenfreundlichkeit im Ambiente gerade für Dartspieler gar kein unwesentliches Kriterium sein dürfte. Natürlich wäre es völlig illusorisch, anzunehmen, die komplett neue Optik des Designs hätte irgendetwas mit Rücksichtnahme auf spielerische Belange zu tun, so traumtänzerisch sind wir nicht unterwegs, dies ernsthaft zu unterstellen, aber schön wäre der Gedanke natürlich schon. Nein, die farblich markanten Veränderungen sind simpel, einfach und schlicht dem neuen Sponsor zuzuschreiben.

Der erste Spieltag hatte uns bereits viel Unterhaltsames beschert – für das Entertainment zeichnete vor allem Cameron Menzies verantwortlich, den wir auch heute wiedersehen würden. Der Schotte hat am ersten Spieltag Österreichs einziger WM-Hoffnung, Rusty-Jake Rodriguez einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht, der aber tatsächlich selbst irgendwo zwischen Wollen und Können hing, und dabei kurzerhand abstürzte. Im Auftaktmatch der WM 2024 sah man nach langer Zeit mal wieder das A-Game des Niederländers, Kevin Doets, während sein Kontrahent, Stowe Buntz überhaupt nicht zu seinem Spiel fand. Gerade die vorzüglichen Attribute, die ihn beim Grand Slam noch ausgezeichnet hatten, ließen ihn am gestrigen Spieltag komplett im Stich, und so war es eher ein ernüchternder Auftritt des sympathischen US-Amerikaners. Kevin Doets verdiente sich sein Ticket für das Spiel gegen den amtierenden Weltmeister, das traditionell den Abschluss des ersten WM-Tages formiert. Michael Smith trug ebenfalls maßgeblich zur kurzweiligen Atmosphäre bei. Hatte man zeitweise die Befürchtung, er könnte sich gestern schon aus dem Turnier verabschieden, sprach sein Gesichtsausdruck eine ganz andere Sprache. Während man den „Bully Boy“ sonst häufig hadernd und missmutig sieht, präsentierte er am gestrigen Spieltag relativ relaxte Reaktionen. Selbst als er in Rückstand geriet, nur einen Satzverlust von der Niederlage entfernt war, offenbarte er keinerlei Verdruss. Quite the contrary – selten sah man ihn seinem Kontrahenten inmitten eines Matches soviel Anerkennung zuströmen lassen, nur weil dieser ihm mal eben die Führung abgenommen und ihm obendrein den Rang der meisten 180er abgelaufen hatte. Ich denke, es lag daran, dass Kevin Doets einfach nur großartige Leistung zeigte, während Michael Smith keine gravierenden Fehler machte und auch nicht wirklich schlecht spielte. Da musste der Weltmeister auch nicht mit sich hadern, hatte keinen Anlass, sich mit negativem Gedankengut aus der Konzentration zu reißen, sondern konnte die Leistung seines Kontrahenten einfach nur würdigen, ohne den Glauben an sich selbst zu verlieren. Und man hatte auch nie den Eindruck, dass der Engländer auch nur einen Moment faktisch an seinem Weiterkommen zweifelte. Voller Zuversicht spielte er das Board, nicht den Gegner – so soll es sein – und wusste, er hat das Spiel im Griff, wird rechtzeitig die Keule rausholen. Und mit seinen drei High-Finishes (150/121/142), von denen zwei Breaks waren, setzte er zum perfekten Zeitpunkt die Momente, die eines Weltmeisters würdig sind. Wahrlich zittern musste hingegen Simon Whitlock, denn es sah lange so aus, als könne Paolo Nebrida ihm doch noch in die Suppe spucken (bitte kein Kopfkino!). Der Australier nahm sein gestern mangelndes Leistungsvermögen mit Humor. Es wäre Whitlocks erste Erstrundenniederlage seit 2016 gewesen. Die allgemeine Aufregung über Nebridas „Freude“ nachdem sein Kontrahent den ersten Matchdart vermasselt hatte, halte ich für überbewertet. Klar, es ist keine sportliche Geste, aber zum einen war es kein ausgelassener Freudentanz, zum anderen denke ich, es war die Impuls-gesteuerte Erleichterung eines 28-jährigen, auf der TV-Bühne relativ unerfahren WM-Debütanten, der einfach noch ein bisschen im Turnier verweilen wollte. Da muss man einen solchen Reflex nicht überinterpretieren. Dass Paolo Nebrida auch seine Legdarts allesamt ins Aus schleuderte, war weiteres Indiz für seine nervöse Unerfahrenheit. Und mit dem sechsten Matchdart klappte es ja dann doch noch für den Mann aus Down Under. Das Worst-Case-Szenario war abgewendet, Simon Whitlock hatte abermals die zweite Runde einer WM erreicht.

Auch in der zweiten Session standen wieder drei Erstrundenspiele und ein Zweitrundenmatch auf dem Plan. Und es galt natürlich weiterhin der Best-of-5-Sets Modus.

Der nächste Teilnehmer vom Inselstaat

Den Auftakt machten am Nachmittag Lee Evans und Sandro Eric Sosing. Auf den Sieger dieser Partie wartet am Sonntag der dreifache Express-Major-Titelträger, Luke Humphries. Als Nummer 92 der Weltrangliste zählt Lee Evans nicht zwangsläufig zu den Titelanwärtern, aber die erste Runde zu überstehen, gehörte definitiv zu den erklärten Zielen des Spielers aus Swindon/England. In den letzten Jahren ließ er immer mal wieder mit sporadisch abgegriffenen Matchgewinnen aufhorchen, blieb aber ansonsten eher blass. Von Zeit zu Zeit eine gute Leistung zu erbringen und mal hier ein Sieg mal da, all das reicht dann eben nur dazu, an der Tourkarte neugierig zu schnuppern. Um sie tatsächlich zu erhalten, müsste er einfach nochmal ein gehöriges Quantum „Extra“ draufpacken. Die Philippinen sind dieses Jahr auffallend stark vertreten, zumindest was die Anzahl ihrer Teilnehmer (vier Akteure) betrifft. Mit Sandro Eric Sosing konnte der Inselstaat einen weiteren WM-Debütanten entsenden. Sosing hat sich über die PDC Asian Championship qualifiziert, wo er im Endspiel zwar relativ unglücklich Haruki Muramatsu unterlag. Das allerdings nur deswegen, weil Sandro Sosing im Decider das fragwürdige Kunststück gelang, sich beim Auschecken der 133 zu überwerfen. Die Finalteilnahme bescherte ihm trotz alledem das Ticket in den Ally Pally.

Hatte ich mich gestern noch gefragt, ob der Nickname „The Comedian“ schon vergeben ist, so bekam ich heute postwendend die Antwort darauf. Ja, Lee Evans bedient sich gleich zweier Spitznamen „Evz“ und „The Comedian“. O.k., „Cammy“ passt ja auch hervorragend zu Menzies. Doch zu dem kommen wir später. Nun erstmal zu dieser Partie, in der Lee Evans die erste 180 bei einer Weltmeisterschaft warf und das gleich im zweiten Leg. Das erste hatte übrigens Sandro Eric Sosing eingesackt, aber es war ja auch sein Anwurf. Diesen hielt auch der „Comedian“, so dass es bald 1:1 stand. Zu diesem Zeitpunkt mit über 15 Punkten mehr im Average, tat sich Evans nicht schwer, im nächsten Durchgang auch das erste Break abzuräumen, 2:1. Es schien, als käme Sandro Sosing so gar nicht in seinen Rhythmus, aber auch Evans` Arm wurde beim Satzdart schwerer. Der Philippino bekam nochmal eine Chance, sich das Break zurückzuholen, aber die 50 entpuppte sich als zu großes Hindernis. Der Engländer bekam eine weitere Möglichkeit, das Set zuzumachen, was er tat. 1:0 in Sätzen.

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Beide Akteure waren offensichtlich keine Spieler, die viel Wert auf Tempo legen, vielmehr zeichnete sie so eine Art gemächliches Hineingrooven aus. Wogegen auch gar nichts spricht, nur die Treffsicherheit sollte dann halt auch gegeben sein. Und da wies Lee Evans ein weitaus höheres Maß auf, als sein heutiger Gegner. Sosing wirkte zeitweise überfordert, überhaupt nur das Board zu treffen, geschweige denn das angepeilte Segment. Und so groovte sich der Engländer von Leg zu Leg, wartete vergeblich auf Gegenwehr. Na ja, vielleicht hat er auch nicht wirklich darauf gewartet. Auf jeden Fall räumte „The Comedian“ drei Durchgänge völlig humorlos ab, und es stand 2:0 in Sätzen.

Man musste annehmen, dass Sandro Eric Sosing in der kurzen Werbepause schon die Abflugzeiten für die Heimreise auf die Philippinen herausgesucht hätte, doch während Evans das erste Leg einigermaßen verschlief, gewann Sosing (nach dem ersten Leg im ersten Satz) nun sein zweites Leg in diesem Match und ging wieder 1:0 in Führung. Das zweite Leg mit einem dreist kuriosen Einfall von Lee Evans. Er stand auf der 24, doch statt der Double-12 traf er nur das einfache Feld. Rest 12 und der Wurfversuch auf die Double-6: Evans erwischte die einfach 10. Noch war nichts verloren, denn das Madhouse hätte als Ausgang zur Verfügung gestanden. Sosing immerhin auf der 123, die Chance, dass er ihm das Leg klaute, war durchaus gegeben. Evans traute seinem Gegner die 123 offensichtlich nicht zu, überwarf sich absichtlich und der Philippino war an der Reihe. Sosings erster Dart nur in der einfachen 19, doch der zweite landete pfeilgerade in der Triple-18. Nun noch das Bullseye und die Höchststrafe wäre perfekt gewesen. Evans` Lächeln im Hintergrund verriet, dass auch er sich dessen bewusst war. Ich denke nicht, dass es außer Lee Evans noch jemanden im Saal gab, der Sosing diese kleine Genugtuung nicht doch gegönnt hätte. Doch es ging daneben. Es war Sandro Sosing anzusehen, dass die Nervosität vor diesem relevanten Wurf überwog, und Lee Evans glich zum 1:1 aus. Wieder ein süffisantes Lächeln vom Engländer und mittlerweile vermittelte er den Eindruck, dass ihn womöglich sogar eine gewisse Langeweile umtrieb. Auch das Publikum konnte sich mit dieser Attitüde nicht wirklich anfreunden und fing an, den philippinischen Akteur zu unterstützen. Mit Lee Evans stand da wohlgemerkt ein Engländer am Oche, doch der Saal, der tendenziell ja immer gerne den Underdog motiviert, war wohl auch ein wenig irritiert von Evans` gleichmütiger Haltung. Und als Sosing nochmal 2:1 in Führung ging, war sie da, die Menge, die den Spieler von den Philippinen anfeuerte. Doch der müde lächelnde „Comedian“ war sich seiner Sache heute sehr sicher, glich zum 2:2 aus. Es ging ins Entscheidungsleg in diesem Satz. Die Überforderung, der Sandro Eric Sosing vollkommen ausgeliefert schien, war nicht zu übersehen. Auf der anderen Seite ein Gegner, der ihn offenbar nicht ernst nahm, es war zu erahnen, dass Sosings WM-Debüt ein baldiges Ende nehmen würde. Den ersten Matchdart verpasste Lee Evans zwar noch, aber auch das quittierte er mit lethargischem Lächeln, er wusste, er kommt nochmal dran. Dann würde er das Match eben mit dem nächsten Anwurf quitt machen, who cares?! Und genau so kam es auch – 3:0 in Sätzen für Lee Evans.

Lee Evans 3:0 Sandro Sosing
85,02 Average 75,59
1 180s 0
68 High Finish 48
0 100+ Checkouts 0
9/22 Finishing 3/9

Namen, die man nicht jeden Tag hört

Als nächstes erwarteten wir Connor Scutt und Krzysztof Kciuk, zwei Akteure, die ihr täglich Brot nicht regelmäßig auf der TV-Bühne verdienen können. Connor Scutt, ein weiterer PDC WM-Debütant, konnte seine Tour Card in 2022 ergattern, im gleichen Jahr erreichte er die dritte Runde der UK Open. Das war es aber dann auch schon, was er bislang an vorzeigbaren Resultaten aufweisen kann. Aber gut, der Mann ist gerade mal 27 Jahre jung und auch erst seit 2022 im professionellen Darts-Dschungel unterwegs. Dementsprechend erklangen die Töne zu „Welcome To The Jungle“ (von Guns N' Roses), und schon stand Connor Scutt auf der Bühne bereit, den Gegner zu empfangen. Dieser heißt Krzysztof Kciuk, ist aktuell die Nummer 90 der Weltrangliste und lebt in Krakau. 2019 spielte sich der polnische Spieler bis ins BDO-WM Achtelfinale, zuvor hatte es bei der PDC nur für die WM-Vorrunde (2010) gereicht. Auch in diesem Match sah man gleich zu Beginn einen Spieler leicht indifferent lächeln, es war Connor Scutt. Grund seines Amüsements: die Nervosität des Gegners. Krzysztof Kciuk hatte die Bühne kaum betreten, da offenbarte er bereits seine innere Unruhe. Doch sobald es losging, waren beide hochkonzentriert. Der „Sniper“ wollte heute anscheinend besonders scharf schießen, die ersten drei Legs (inklusive High-Finish, 138) waren in Nullkommanix auf seinem Konto, mit der 1:0-Satzführung ging Scutt zufrieden in die Pause.

Im zweiten Satz endlich der erste Leggewinn für den Polen, 1:0, es war sein Anwurf gewesen. Doch Connor Scutt, weiterhin im Flow und mit auffallend guter Spiellaune ausgestattet, holte sich nicht nur seinen Anwurf, sondern im Anschluss auch das Break zum 2:1. Viertes Leg, der Engländer glaubte sich schon im Besitz des nächsten Satzes, als Krzysztof Kciuk mit Bullseye-Checkout sein erstes High-Finish (121) abräumte. 2:2. Das Entscheidungsleg des zweiten Satzes dann eine offene Angelegenheit, Scutt im Endspurt auf der 88, Kciuk auf der 100. Connor Scutt war am Zuge: die einfache 20, das war noch nichts Weltbewegendes, dann die Triple-18, das war schon eher bemerkenswert, doch die Double-7 zum Anschluss, das war richtig nervenstark. Der polnische Kontrahent bekam keine Chance mehr in diesem Set, denn es stand bereits 2:0 in Sätzen für den „Sniper“. Auch im dritten Satz bewies der Engländer sein unsägliches Selbstbewusstsein. Mit sichtlich Spaß am Spiel ging er auch hier 2:0 in Führung, obwohl „The Thumb“ Krzysztof Kciuk etliche Chancen hatte, zumindest seine Anwurflegs zu holen. Aber es fehlte an Vertrauen ins eigene Spiel, exakt das, von dem sein Gegner heute mehr als genug zur Verfügung hatte. Doch Kciuk steckte nicht auf, kämpfte vorbildlich, auch wenn die Nerven nicht immer mitspielen wollten. Das Re-Break zum 1:2 ein echter Kraftakt. Doch als es darum ging, das Break auch zu bestätigen, überwog einmal mehr die Anspannung, Kciuk verpasste seine Chancen. Connor Scutt, der keinerlei Nerven zeigte, nutzte den ersten Matchdart auf der Double-18. 3:0 in Sätzen für Connor Scutt, der am Montag auf Gerwyn Price trifft. In der zweiten Runde wartet die erste wirkliche Bewährungsprobe auf ihn, denn mit dem „Iceman“ steht ihm natürlich nochmal ein ganz anderes Kaliber gegenüber.

Connor Scutt 3:0 Krzysztof Kciuk
95,97 Average 91,82
5 180s 2
138 High Finish 121
1 100+ Checkouts 1
9/14 Finishing 3/10

Niederländischer Amerikaner versus englischer Australier

Komplett harmoniefreie Tunes aus dem Hardstyle-Genre ertönten, es war klar, gleich würde Jules van Dongen das Parkett rocken. Man muss zugeben, es wirkte so ein bisschen wie ein Kulturschock, hatte sich doch vorher Darren Penhall zum „Country Girl“ von Luke Bryan dem Saal vorgestellt. Jules van Dongen, der gebürtige Niederländer, der schon lange in Parkville/USA zuhause ist und auch für die Vereinigten Staaten an den Start geht, war mit sichtlicher Vorfreude auf diese WM angetreten. Der „Dutch Dragon“, die Nummer 80 der Order of Merit, ist ebenfalls WM-Debütant, befindet sich zweifelsohne auf stetigem Weg nach oben und schließlich ist er erst in seinem zweiten Jahr als Tour Card-Holder. Sein Gegner, Darren Penhall, ein relativ unbeschriebenes Blatt in den Darts-Annalen ist ein 51-jähriger gebürtiger Engländer, der jedoch in Australien beheimatet ist. Penhall ist noch nicht übermäßig lange im professionellen Darts-Circus zugange. 2020 hatte er sich Dank erfolgreicher Teilnahme an der UK Q-School die Tour Card erspielt, die er dann aber nach 2021 wieder verlor. Er kehrte nach Australien zurück, wo er dieses Jahr den einen oder anderen bemerkenswerten Erfolg auf der DPA-Tour feiern konnte. Auch er gab mit dem heutigen Match sein Debüt bei einer Weltmeisterschaft. Bei diesem Duell würde der Gegner von Joe Cullen (Tagessession am Sonntag) ermittelt werden.

Der „Smooth Operator“, Darren Penhall hatte das Ausbullen gewonnen, begann demzufolge auch das Match. In den ersten vier Legs holte sich jeder seinen Anwurf, mit 2:2 ging es in den Decider dieses Sets. Dabei erzielte Darren Penhall nicht nur seine erste 180 im Ally Pally, sondern holte Leg und Satz auch noch mit souveränem High-Finish, 116 (T20, 16, D20). 1:0 in Sätzen für den englischen Australier. Den zweiten Satz startete Jules van Dongen mit seiner ersten 180 und auch er kann High-Finish, die 123 zum 1:0 gelöscht. Im nächsten Durchgang die nächste 180 für Penhall, die ihm samt dem nervenstarken 67-Checkcout den eigenen Anwurf rettete, 1:1. Zähes Ringen um den dritten Durchgang, das Madhouse ließ Darren Penhall nicht aus seinen Fängen. Auch van Dongen benötigte etliche Versuche. Doch die Double-5 zu verabschieden, erwies sich letztendlich doch als einfacheres Unterfangen, als das Auschecken des zuvor vom Australier angestrebten Double-1-Feldes. So konnte der niederländische Amerikaner Leg und Satz doch noch an sich reißen. Satzausgleich 1:1.

Der „Dutch Dragon“ spuckte weit mehr Feuer als noch im ersten Satz und hatte somit sein Leistungsniveau signifikant angehoben, während Darren Penhall parallel dazu ein wenig nachgelassen hatte. Trotzdem zeigte Penhall weiterhin volle Konzentration, Beleg dafür das High-Finish (108) zum 1:0 im dritten Satz. Dem ließ der „Smooth Operator im zweiten Leg mit smoother Wurfbewegung das Shanghai-Finish folgen, Break zum 2:0. Sowohl die einfache Eins als auch die Triple-1 hatten sich heute relativ eng mit Penhall angefreundet, da jedoch van Dongen daraus keinen Profit schlagen konnte, selbst zu viele Irrläufer an den Start brachte, war der dritte Leggewinn in Folge für Darren Penhall irgendwann doch eingetütet, er ging 2:1 in Sätzen in Führung. Vierter Satz: Kein High-Finish, aber unter dem WM-Druck die 93 gnadenlos rauszunehmen, ist auch nicht von schlechten Eltern, vor allem weil es ein Break war. Penhall ging mit 1:0 in Führung. Das Break bestätigt, 2:0 für den Wahl-Australier. Im dritten Durchgang legte Penhall eine kurze Pause ein, ließ den einen oder anderen Dart liegen, man kann ja auch nicht alles checken, van Dongen versenkte nach fünf erfolglosen Legs mal wieder einen Pfeil im Doppel, 1:2. Im vierten Leg des dritten Satzes dann die eigentliche Meisterprüfung, die Darren Penhall erfolgreich abschloss: zweimal die 180 in Folge (was für ein Timing!), Restbetrag 81. Jules van Dongen stellte sich derweil den „Big Fish“, in der Hoffnung nochmal an die Reihe zu kommen. Doch zunächst war der „Smooth Operator“ am Zuge: Triple-19, 12 und die Double-6. Der erste Matchdart saß gehorsam und artig, der Überraschungssieger dieses Duells hieß Darren Penhall. 3:1 in Sätzen. Wenn er diese Tagesform auch am Sonntag zur Verfügung hat, wird es für Joe Cullen alles andere als ein Spaziergang.

Darren Penhall 3:1 Jules van Dongen
91,29 Average 90,72
5 180s 2
120 High Finish 123
3 100+ Checkouts 2
10/20 Finishing 6/21

Der Mann in Gelb gegen den Meister der Mimik

Dave Chisnall, so ein wenig die tragische Gestalt der Major-Turniere, wollte nicht nur das heutige Match, sondern auch diesen Fluch endlich besiegen. Herausragend auf der Tour unterwegs, 180er-Rekordhalter auf der European Tour, unfassbare viele Siege auf diesem Parkett, doch mit dem Major-Titel wollte es bislang einfach nicht klappen. „Chizzy“ war die letzten zwölf Jahre ununterbrochen bei der PDC-WM am Start, über das Halbfinale (2021) ist er bislang jedoch nicht hinausgekommen. Immerhin hatte er 2021 im Viertelfinale keinem Geringeren als Michael van Gerwen mit 5:0 eine deftige Klatsche verpasst. Der nächste Versuch, sich dem ersehnten ersten Major-Titel zu nähern, startete also gegen einen dynamisch megaaktiven Schotten. Cameron Menzies, keine Ahnung, wie viele Waschbecken er heute schon abmontiert, welche Rohre er zusammengesetzt, wo er Blechteile ausgetauscht und wann er den Schraubschlüssel endlich beiseitegelegt hat – jetzt war er auf jeden Fall da! Der umtriebige Dartsprofi, der übrigens nebenbei auch noch als Fußballtorwart agiert, bestätigte gestern seine hypergroße Nervosität bei jedem Anwurf. „Dieses Turnier entscheidet über den Verlauf eines ganzen Jahres“. Die Bedeutung der WM, die Rangliste betreffend und damit untrennbar verbunden auch den Erhalt der Tour-Card, der er sich erst seit 2022 erfreut, diese bedeutsamen Aspekte üben auf „Cammy“ einen enormen Druck aus, was sich vor allem im zappeligen Mienenspiel des Schotten widerspiegelt. Der gebürtige Glasgower ist permanent in Bewegung, mal sehen, wie viel Gestik er sich selbst, aber auch Dave Chisnall dem Gegner heute abverlangen würde.

Die „Queen of the Palace“ ward begrüßt, der gesamte Saal anschließend „dizzy“ und damit konnte es losgehen. Cameron Menzies als Sieger des Ausbullens, sicherte sich das erste Leg, 1:0. Dave Chisnall kam noch nicht wirklich in den Flow, offenbarte veritable Startschwierigkeiten. „Cammy“ hatte massenhaft Zeit das Madhouse zu löschen und diese Zeit brauchte er auch. Etliche Würfe vorbei an der Double-1, doch „Chizzy“ ließ ihn immer wieder ran. Dann endlich der Treffer und das Break zum 2:0. Auch im dritten Leg ließ der Engländer alles liegen, was ging, selbst die Double-20, die Chisnall sonst im Schlaf noch trifft, verweigerte ihm den Zutritt. Der Schotte wusste das zu bestrafen, 1:0-Satzführung für Cameron Menzies. Die erste 180 von Dave Chisnall erst im zweiten Satz, für seine Verhältnisse hanebüchener Missstand. Dieses Maximum aber gleichzeitig eine Art Weckruf, denn „Chizzy“ holte nicht nur seinen Anwurf, sondern auch das nächste Leg, Break zum 2:0. Doch im dritten Durchgang wusste der schottische Gegenspieler die 76 zu knacken, Re-Break zum 1:2. Auch das könnte eine Art Wirkungstreffer gewesen sein, denn die Bestätigung ließ nicht lange auf sich warten, Ausgleich zum 2:2. Der Decider ein Kopf-an-Kopf Rennen. In der Endphase: 102 Rest Chisnall, 106 Rest Menzies. Der Engländer an der Reihe: 7 / 19 / 20 – das war nichts. Rest 56. „Cammy“ an der Reihe: 20 / 20 / T10 – nicht wirklich viel besser. Rest 36. Ein zweites Mal musste man Dave Chisnall jedoch nicht lange bitten, die 56 diesmal problemlos gelöscht, Satzausgleich zum 1:1.

Dritter Satz, wieder begann Cameron Menzies das erste Leg, doch wie er es abschloss oder abzuschließen versuchte, könnte man eher als komplett missglückte Aktion bezeichnen. Die Restforderung von 88 mit 5 / 17 / 10 ausradieren zu wollen – keine gute Idee! Vor allem weil der Mann in Gelb gegenüber nurmehr die 40 vor der Brust hatte. Das war bitter für den Schotten, ein wahrer Hieb mitten ins Gesicht. Break zum 1:0 für Dave Chisnall. Beflügelt von diesem eher unerwarteten Leggewinn, gleich zweimal die 180 für „Chizzy“, der war jetzt in Fahrt gekommen. Und dem ließ er die perfekten Darts Nummer Sieben und Acht folgen. Dass der Neunte daneben ging, konnte der Engländer verschmerzen, denn Menzies hing noch auf der 307. Das 2:0 nur noch Formsache. Das dritte Leg besagten Satzes war bezeichnend dafür, wie sehr Cameron Menzies aus der Spur geraten war. Trotz der nächsten 180 von Dave Chisnall lautete der einstweilige Zwischenstand: 227 für Chisnall, 33 für Menzies. „Cammy“ gelang es nicht, mit sechs Pfeilen, diese 33 auszuchecken! Auch „Chizzy“ in diesem Durchgang mit zahlreichen Fehlwürfen behaftet, doch er hatte halt neun Darts lang Zeit, die 227 ganz gemächlich herunterzuschleichen. 2:1-Satzführung für Dave Chisnall.

Das Drama bekam im vierten Satz seine Fortsetzung. Anwurf Chisnall, Break und Leggewinn für Menzies. Anwurf Menzies, Break und Leggewinn für Chisnall. Vier vergebene Checkout-Darts von „Cammy“ sagten abermals alles aus. 1:1. Im dritten Durchgang dann endlich wieder ein kleiner Lichtblick für den Schotten, das High-Finish (102 / T20, 6 / D18) gelöscht, weiteres Break, 2:1. Viertes Leg: Menzies mit einer 180, Chisnall zweimal die 180, doch beim Auschecken wollte keiner so recht. Double-Trouble auf beiden Seiten, „Chizzy“ konnte den Knoten eher lösen, Re-Break 2:2. Das hieß, alle vier Legs dieses Satzes waren bis hierher mit Break entschieden worden. Der Decider bugsierte das Drama auf seinen Höhepunkt. Chisnall mit dem besseren Scoring, doch mit Checkout-Problemen. Der Schotte war jedoch nicht schnell genug zur Stelle, um davon profitieren zu können und so saß letztendlich der vierte Matchdart im Ziel, und ein glücklicher Engländer hatte mit Ach und Krach das Ticket zur dritten Runde gezogen. 3:1 in Sätzen für Dave Chisnall.

Wenn Cameron Menzies heute Abend eine Kopfschmerztablette einnehmen muss, dann liegt das womöglich teilweise an der Matchniederlage, zum Großteil aber auch an dem heftigen Aufprall, den er seinem Kopf zugemutet hat, als dieser frustriert auf seinem Bühnentisch landete. Dave Chisnall wird auf jeden Fall nicht nur den Abend, sondern auch die Weihnachtsfeiertage deutlich entspannter verleben.

Dave Chisnall 3:1 Cameron Menzies
90,94 Average 87,32
6 180s 4
68 High Finish 102
0 100+ Checkouts 1
9/29 Finishing 7/34

Was für ein spannender, unterhaltsamer und auch emotionaler Nachmittag! Am Abend geht es weiter mit der dritten Session.

Fotos © PDC @ Darts1

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