WM – 9. Spieltag, der Nachmittag und die Frage: Wird es das historische deutsche Quartett in der dritten Runde geben?

Eigentlich wäre die Weihnachtspause schon heute dringend notwendig gewesen, um sich vom gestrigen Herzschlagduell zu erholen. Obwohl – die Art und Weise, wie Florian Hempel nach aussichtslosem 0:2-Rückstand UND mehreren Matchdarts gegen sich, das Spiel eiskalt noch gewendet hat, da reichen auch die kommenden drei Tage nicht aus, um das zu verarbeiten. Der Gedanke daran, wird uns auf Dauer den Atem rauben. In atemberaubendem Tempo feuerten auch Chris Dobey und William O`Connor im Abschlussmatch des Abends ihr A-Game ans Board, mit dem besseren Ende für den Engländer. Dagegen wirkte „Barneys“ Spiel, das in seiner Eleganz sehr wohl einen rasant flüssigen Flow darbietet, fast schon gemächlich. Beim Sieg gegen Radek Szaganski zeigte der Niederländer in jedem Fall eine stürmische Drittrundeneroberung. Und dann war da am gestrigen Abend ja auch noch das zweite, in allerhöchstem Maße bedeutende Spiel für uns Deutsche, das zwar an Drama nicht an das erste Match heranreichen konnte, dafür aber nicht minder gut anzusehen war. Man sollte sich ja auch nicht jedes Mal einem Herzstillstand nähern. Souveräner kann man nicht in die dritte Runde einziehen, als dies Martin Schindler gegen Jermaine Wattimena tat. Auch der gestrige Nachmittag bot beides an: Aufregung und Souveränität. Für die Aufregung sorgten Brendan Dolan, Mickey Mansell und die Ally Pally-Wespe. Aus dem sowohl rein nordirischen als auch historischen wie auch epischen Duell ging Brendan Dolan als denkbar knapper Sieger heraus, während die Ally Pally-Wespe im letzten Duell des Nachmittags im Einsatz war und die Bühne letztendlich (Gottseidank unverrichteter Dinge!) wieder verließ. Souverän, doch nicht ohne Gegenwehr brachten Jeffrey de Graaf (gegen José de Sousa) und Krzysztof Ratajski ihre Spiele nach Hause, „The Polish Eagle“ war schließlich und endlich Jamie Hughes davongeflogen. Dirk van Duijvenbode und Boris Krcmar brachten dann auch noch die Attribute: Ernüchterung und Emotionen ins Spiel. Der Niederländer hatte zwischendurch zwar den Kampf gegen die Ally Pally-Wespe gewonnen, doch dann wurde er einmal mehr von der Übermacht seiner körperlichen Beschwerden heimgesucht und somit war Boris Krcmar ab dem zweiten Satz eigentlich der einzige auf der Bühne, der wirklich spielte.

Obwohl der gestrige Abend an Aufregung unmöglich zu überbieten war, wollten die Akteure des heutigen Spieltags dennoch versuchen, die Spannung abermals auf den Höhepunkt zu treiben. Und einer von den acht Spielern war auch dazu prädestiniert, uns nochmals an den Rande des Darts-Wahnsinns zu treiben: Ricardo Pietreczko war heute Nachmittag am Zuge, der Vierte im Bunde zu werden, um ein historisch sensationelles deutsches Drittrundenquartett zu bilden.

Darts-Donnerwetter und Blitzsieg über den „Hurricane“

Den Start machten jedoch erstmal Kim Huybrechts und Richard Veenstra. Kim Hubrechts als Nummer 31 der Welt, der gesetzte Spieler, ging natürlich als Favorit in dieses Duell. „Flyers“ Richard Veenstra, nur die aktuelle 79 der Order of Merit, machte jedoch von Anbeginn deutlich, das auch er sein Zweitrundenticket nicht zugelost bekommen hatte und begann gleich mal mit Blitzstart. Das High-Finish, 136 (T20, T20, D8) zum Start, die 1:0 Führung im ersten Satz sollte nur der Auftakt einer furiosen niederländischen One-Man-Show werden. Das Break zum 2:0 ebenso sicher rausgeholt wie die anschließende Bestätigung desselbigen, 1:0 in Sätzen für Richard Veenstra – man hatte kaum Zeit für zwei Wimpernschläge gehabt.

Auch im zweiten Set traf „Flyers“ so ziemlich alles, was er anpeilte. Kim Huybrechts glänzte derweil nur mit einem weiteren unwillkommenen Bouncer. Der Niederländer räumte ebenso souverän wie unaufgeregt die nächsten drei Durchgänge in Folge ab, der „Hurricane“ alles andere als stürmisch auf die Doppel. Vielleicht gab ihm ja auch die dreiste Konkurrenz von Surmtief „Zoltan“ auf dem Kontinent zu denken, auf jeden Fall war Kim Huybrechts noch überhaupt nicht im Match angekommen. Drei weitere Leggewinne in Folge und die 2:0 Satzführung für Richard Veenstra. Im dritten Satz dann ein wenig Aufregung ums Herausziehen der Darts. Der Niederländer war derart tief im Tunnel vergraben, dass er, alles daran setzend, im Flow zu bleiben, die Pfeile ziehen wollte, bevor der Caller die gelöschten 140 Punkte ansagen konnte. Richard Veenstra, der das ganze Spiel über vorbildlich gelassen geblieben war, offenbarte kurzzeitige Irritierung über seinen eigenen Fauxpas. Für einen Moment der Ablenkung unterlegen, landeten die Würfe der nächsten Aufnahme nicht einmal in der Nähe des Doppelfeldes. Stattdessen hatte es sich einer inmitten des Einfachsegments bequem gemacht. Huybrechts konnte aber auch diese minimale Abweichung von Veenstras heutiger Routine nicht nutzen und gewährte dem Kontrahenten abermals die Rückkehr ans Board auch in diesem Durchgang. Der nächste Versuch des Niederländers absolut zielsicher in der Doppel-5 versenkt, 2:0 in Sätzen.

Im dritten Set war Richard Veenstra wieder komplett in seinem Tunnel verschwunden, der Flow konnte unbeirrt weiterfließen. Durchgang Zwei wieder eine hundertprozentig sichere Angelegenheit, der Niederländer ließ sich einfach nicht mehr stoppen, 2:0. Den Triumpf vor Augen, bog Veenstra in die Zielgerade ein – o.k., der erste Matchdart ging noch daneben. Doch dem Belgier gelang es nicht, den allerletzten Rettungsanker zu ergreifen. Stattdessen die einfache 1, die 12 und die 13, beim Versuch, die 76 herauszunehmen. Übler ging es nicht. „Flyers“ nutzte seinen dritten Matchdart, 3:0 – das eher überraschende Ergebnis. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der „Hurricane“ Kim Huybrechts hier einen lupenreinen Whitewash hinnehmen musste. Ich glaube nicht, dass es auch nur einen Menschen auf diesem Darts-Planeten gibt, der es gewagt hätte, eine solche Prognose abzugeben. Doch es war Fakt und auch wenn Richard Veenstra vermutlich nicht der Niederländer war, den man sicher in der dritten Runde wähnen konnte, verdienter ging es kaum. Zu seiner 99,46 im Average, (Huybrechts 84,77) und 64,29% bei der Checkout-Quote konnte man ihm nur gratulieren. Die 0,0 Prozent Checkout Quote des Kim Huybrechts allerdings auch nicht unbedingt etwas Alltägliches. Heute war es definitiv nicht sein Tag, der nächste gesetzte Spieler auf dem Heimweg. Richard Veenstra hatte hingegen mit seinem Express-Sieg zudem dafür gesorgt, dass im Gegensatz zu den vorangegangenen Spieltagen, der zeitliche Programmablauf heute wohl nicht groß überzogen werden würde.

Richard Veenstra 3:0 Kim Huybrechts
99,46 Average 84,77
3 180s 3
136 High-Finish 0
1 100+ Checkouts 0
9/14 Finishing 0/8

Und so stand, früher als geplant, jetzt bereits der deutsche Höhepunkt des 9. Spieltags an. Ricardo Pietreczko gegen Callan Rydz. „Pikachu“ hatte im Vorfeld mehrfach betont, dass er nicht zu einem Turnier fährt, um zu verlieren, das galt auch für die Weltmeisterschaft. Eine klare Ansage! Das nächste deutliche Statement bezog sich auf seinen heutigen Kontrahenten: Callan Rydz war für ihn ein Gegner, wie jeder andere. „Jeder Spieler ist für mich der Gleiche“, Ricardo weiß, was er will.

Auch Callan Rydz wurde im Vorfeld auf seinen heutigen Gegner angesprochen, war dabei nicht ganz so deutlich von seiner Favoritenrolle als gesetzter Spieler überzeugt, behielt aber eine gewisse Zuversicht. Schließlich hatte er drei von vier bisherigen Duellen gegen den Deutschen für sich entscheiden können, was ihm erklärtes Selbstvertrauen gab, „but the bloke is quick“, wie Rydz seinem Kontrahenten attestierte. Und dann unterstrich er noch die Größe und Bedeutung des Ally-Pally-Aspekts: auf dieser Bühne könne einfach alles passieren.

„Game on“ für den nächsten Aufreger

Ricardo hatte das Ausbullen gewonnen, startete das Match standesgemäß mit Gewinn des eigenen Leg und anschließendem Break, 2:0. Noch konnte Callan Rydz im Hintergrund über den neuerlichen Besuch der Ally Pally Wespe lachen, die wollte halt auch mal gucken, wie sich der nächste Deutsche auf dieser Bühne schlagen würde. Den dritten Durchgang begannen beide mit der 180, dem Engländer gelang gar noch eine zweite derer, doch anschließend genügten dem nicht gerade als Mentalmonster bekannten Spieler aus Newcastle upon Tyne, vier Versuche nicht, um die 40 auszuchecken. „Pikachu“ zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht zu hundert Prozent bei seinem A-Game angelangt, ließ sich dieses Angebot des Gegners jedoch nicht entgehen, 1:0 Satzführung.

Im ersten Durchgang des zweiten Sets erntete „The Riot“ zunächst aus der Saat, die er vorher gestreut hatte, holte sich seinen Anwurf, 1:0. Im zweiten Durchgang gelang Callan Rydz beinah das hohe Break, doch er checkte um ein My daneben, die 140 nicht, scheiterte dabei an der Doppel-10. Auch Ricardo vergab seinen Legdart, so dass der Engländer ein weiteres Mal ans Oche zurückkehren durfte. Diesmal erfolgreich das Bullseye getroffen, doch das war nicht das Doppel, das er zum Legerfolg benötigte. Was er wirklich brauchte, war – fast irrwitziger Weise – diesmal die einfache 1, um sich die Double-2 aufzubereiten. Um es mit Brendan Dolans gestrigen Worten zu sagen: das war wirklich ein „unlucky“ Treffer. Rydz mit der entsprechend verärgerten Gestik. Ricardo Pietreczko ließ sich kein zweites Mal bitten, Ausgleich 1:1. Im dritten Durchgang konnte Callan Rydz seine Nerven für ein einzelnes Leg bündeln, wie er die 95 ausmachte, war durchaus sehenswert, da hatte er den Deutschen gar noch bei der 248 abgehängt. „The Riot“ schritt wieder 2:1 voran. Vierter Durchgang und „Pikachu“ war wieder zur Stelle, Ausgleich 2:2. Es gab das Entscheidungsleg in diesem Set. Callan Rydz hatte in diesem Durchgang nicht nur den Anwurf, sondern auch mal wieder seine Nervenstränge beisammengehalten, bereitete sich mit Aufnahmen von 133 und 132 in Folge die 56 auf und die war diesmal wirklich mit zwei Pfeilen in der Hand gelöscht. Ricardo hatte ihm das ganze Leg über einen absoluten Kampf auf Augenhöhe geliefert, jedoch faktisch eine Aufnahme weniger zu Verfügung. Die fehlte ihm natürlich im Endspurt, so dass der gebürtige Berliner und Wahl-Nürnberger in diesem Satz das Nachsehen hatte, Ausgleich 1:1.

Im dritten Set gelang es Ricardo Pietreczko, nochmals eine Schippe draufzulegen. Unaufhörliches Power Scoring und fantastische Würfe aufs Doppel bescherten dem Deutschen drei Leggewinne in Folge, inklusive High-Finish, 112 (T20, 16, D18) im zweiten Durchgang. Das resultierte selbstverständlich in der 2:1-Satzführung für „Pikachu“.

Und Ricardo war weiterhin nicht aufzuhalten. Im ersten Durchgang des vierten Sets: 180 – 140 – 105 – 76. Mit diesem respektablen 12-Darter das Break eingeheimst, Ricardo „unstoppable“. 1:0. Doch Callan Rydz weigerte sich wacker, sich seinem Schicksal einfach so zu ergeben, das Re-Break mit viel Kampfgeist erzwungen, 1:1. Beide mittlerweile auf allerhöchstem Niveau unterwegs, gelang es dem Engländer auch noch, das Break zu bestätigen und die 2:1 Führung zu übernehmen. Und als Ricardo auf Double-16 einen Legdart vergab, wusste Rydz gar das High-Finish, 128 (T18, T18, D10) herauszunehmen und der Satzausgleich war Fakt. 2.2.

Bei aller deutschen Begeisterung muss man dennoch zugeben, dieses Match hatte den Entscheidungssatz verdient. Und die Hauptsache war ja auch, dass ein gewisser Ricardo Pietreczko dann auch als Sieger aus diesem hervorgehen würde. Und der Deutsche gab im entscheidenden fünften Set auch gleich mal die Marschrichtung vor. Mit High-Finish, 129 (T19, T16, D12) ging er resolut 1:0 in Führung. Dem ließ er im zweiten Leg grandios ein weiteres High-Finish, 112 (20, T20, D16) folgen. Hallo?! Wir befanden uns in einem Entscheidungssatz und da spielt der WM-Debütant mit solcher Abgebrühtheit zwei Finishes über 100 hintereinander! Und weil das noch nicht genügte, servierte er im dritten Durchgang auch noch den perfekten Set-up-Shot (125), bevor er die Double-18 mit dem zweiten Matchdarts ausmachte.

3:2 in Sätzen für den deutschen Senkrechtplayer. In diesem alles entscheidenden Satz hatte Ricardo Pietreczko ganz klar den Ton angegeben, der Einzug in die dritte Runde die wohlverdiente Belohnung! Ricardo mit einem sensationellen 99,27 Average, auch Callan Rydz hatte im Durchschnitt beachtliche 96,65 ans Board gehämmert, aber die Checkout Quote machte den Unterschied: 28,57% vom Engländer waren der Beweis für sein dünnes Nervenkostüm, während der gebürtige Berliner mit 50% auftrumpfen konnte. Damit sehen wir zum ersten Mal in der WM-Geschichte vier Deutsche in der dritten Runde am Start – Weihnachten kann kommen. In der nächsten Runde wartet Luke Humphries auf „Pikachu“, aber ihn scheint das wenig zu beeindrucken, auch „Cool Hand“ Luke ist für ihn ein Gegner wie jeder andere.

Ricardo Pietreczko 3:2 Callan Rydz
99,27 Average 96,65
5 180s 6
129 High-Finish 128
3 100+ Checkouts 1
12/24 Finishing 6/21

Wer macht einen Fehler weniger?

Ein Spieler wie jeder andere ist für uns Zuschauer natürlich keiner und so waren auch die nächsten beiden Akteure, die die Ally Pally Bühne betraten, Individualpersönlichkeiten. Jonny Clayton und Steve Lennon. Über beiden Dartsprofis schwebte heute ein eigenes Damoklesschwert: Jonny Clayton, der nach großem Leid im Privatleben, auch am Oche nicht mehr richtig zu funktionieren weiß, Steve Lennon, der um den Verbleib auf der Tour kämpfen musste.

Bei seiner ersten Aufnahme präsentierte „The Ferret“ gleich seine erste 180. Allein sein Kontrahent hatte Anwurf gehabt, den Vorteil der zusätzlichen drei Wurfmöglichkeiten zu nutzen gewusst und sein Leg geholt. 1:0 für Lennon. Im zweiten Durchgang konnte „Scuba Steve“ auch aus der Tatsache, dass Clayton einen Legdart liegengelassen hatte, Profit schlagen. Mit der ersten 180 seinerseits, obendrein als optimaler Set-up-Shot, holte sich der Engländer die 2:0 Führung. Die Art und Weise, wie Steve Lennon dann aber die nächsten beiden Durchgänge schier abschenkte, war Indiz dafür, dass ihm der parallele „Struggle“ um die Tour Card noch mehr zu schaffen machte, als der Kampf gegen den heutigen Gegner. Jonny Clayton hatte im dritten Durchgang fünf Darts Zeit, um sein erstes Leg einzufahren. Im vierten Leg die Chance für den Waliser, mit 136er Checkout den Ausgleich zu erzielen, doch er scheiterte am Bullseye. Und nachdem Steve Lennon schon eine gefühlte Ewigkeit kein Double mehr zu treffen vermochte, holte sich Clayton das Break doch noch, 2:2. Im fünften Durchgang konnte sich „Scuba Steve“ endlich wieder mit dem Doppelfeld anfreunden, holte doch noch die Satzführung. 1:0.

Auch das zweite Set wurde von den Nerven entschieden. Im ersten Durchgang der Engländer mit 100 – 100 – 140 – 128 sehr wohl im Fluss, aber „The Ferret“ hatte diesen Satz gestartet, ließ sich seinen Anwurf nicht nehmen, 1:0. Im zweiten Durchgang war Lennon bei weitem nicht so gut unterwegs wie im ersten, Jonny Clayton mit dem Break, baute seinen Vorsprung auf 2:0 aus. Im dritten Durchgang warf Steve Lennon wieder alles in die Waagschale, was ihm die Anspannung im Hinblick auf die Wichtigkeit dieses Spiels, heute zugestand, erkämpfte sich das Re-Break zum Anschluss, 1:2. Im vierten Durchgang wurde Lennon der Wurfarm wieder schwerer, Clayton, selbst immer wieder mit absurden Fehlwürfen unterwegs, gelang es, die Breakserie fortzusetzen und sich damit den 1:1 Satzausgleich zu ergattern.

Im dritten Set übernahm Jonny Clayton, beinah zwangsweise, das Ruder. Es war nicht so, dass der Waliser besonders gut gespielt oder der Engländer außerordentlich schlecht gespielt hätte, es war einfach ein schicksalhafter Tag für beide. Und so kam es nur noch darauf an, wer einen Fehler weniger machen würde. Das war in den ersten zwei Durchgängen „The Ferret“, das 2:0 strich er trotz unzähliger Fehlversuche auf Doppel ungenügsam ein. In den nächsten beiden Durchgängen nutzte Steve Lennon zur Abwechslung mal wieder seine Chancen, der 2:2 Ausgleich war jedoch nur ein kurzes Aufflackern seiner Hoffnungen. Denn bereits im Entscheidungsleg warf er alles am Doppelfeld vorbei, was nur ging. Sechs vergeudete Satzdarts von „Scuba Steve“, das konnte sich selbst Jonny Clayton, in seiner andauernden Formkrise, nicht entgehen lassen. Mit vier Versuchen, die 40 endlich ausradiert, ging der Waliser 2:1 in Sätzen in Führung.

Das gleiche Drama im dritten Set. Auch hier galt wieder: wer einen Fehler weniger macht, hat gewonnen. Und das war abermals Jonny Clayton. Einziger Unterschied: diesmal gestand er dem Gegner keinen vereinzelten Durchgang mehr zu, drei Leggewinne in Folge, und der 3:1 Matcherfolg stand fest. Es war ein Arbeitssieg für den Waliser, aber wie wir von Michael van Gerwen wissen: „A win is a win“. So wird Jonny Clayton einfach nur erleichtert gewesen sein, diese Runde mit viel Glück überstanden zu haben und sprach dem Kontrahenten noch ein wenig Aufmunterung zu. Nicht nur der Verlust der Tour Card, sondern dass Steve Lennon, es eigentlich in der Hand gehabt hatte, das Match für sich zu entscheiden und das dann wiederholt abgeschenkte, wird ihn zusätzlich untröstlich gemacht haben.

Jonny Clayton 3:1 Steve Lennon
88,45 Average 86,67
2 180s 4
52 High-Finish 36
0 100+ Checkouts 0
11/39 Finishing 6/40

Das „Beaton-Wonderland“

Zum Abschluss des Nachmittags für viele Fans das Vorweihnachtsgeschenk: Die Darts Ikone schlechthin, Steve Beaton, (in seinem vorletzten Jahr auf der Profitour – der 59-jährige „Bronzed Adonis“ hatte diese Ankündigung, zur Enttäuschung wirklich aller Darts-Liebhaber, nach seinem Zweitrundensieg gemacht), gegen Daryl Gurney. Das nordirische „Superchin“, selbst normalerweise kein unpopulärer Spieler, musste heute Nachmittag nicht nur gegen Steve Beaton, sondern auch gegen die gesammelte Zuschauerschar antreten. Das Publikum sang während des gesamten Spiels das „Winter Wonder Land“, das die „Darts-Verrückten“ normalerweise als „Taylor Wonderland“ kennen, nur diesmal war es das „Beaton-Wonderland“. Es gab wohl kaum jemanden, der die plötzliche Textänderung nicht nachvollziehen konnte. Die beiden Spieler begrüßten sich überaus herzlich, hier war eine englisch-nordirische Freundschaft sichtbar.

Vorbei mit der Freundschaft war es allerdings, zumindest für die Dauer eines Matches, als die beiden ans Oche traten und sich hier nichts Süßes, sondern durchaus Saures gaben. Im ersten Durchgang holte sich Daryl Gurney zunächst sein eigenes Leg, bevor er gegen den Anwurf und gegen das Publikum auch das Break einsammelte, 2:0. Das dritte Leg holte er dann nur gegen das Publikum, die 1:0 Satzführung konnte auch die Menge nicht verhindern.

Im ersten Durchgang des zweites Sets bekam der Saal dann endlich, was er forderte, den ersten Leggewinn des mega-beliebten „Bronzed Adonis“. 1.1. „Superchin“ startete den zweiten Durchgang mit seiner zweiten 180, die ideale Voraussetzung, um sich auch das Leg zu greifen, 1:1. Das Break im dritten Durchgang holte sich Gurney mit tatkräftiger Unterstützung seiner dritten 180 in diesem Match und ging abermals in Führung, 2:1. Im vierten Durchgang nahm sich der Nordire unter anderem das Bullseye zu Hilfe, die 2:0-Satzführung war ihm nicht mehr abzusprechen.

Auch im dritten Set bewies Daryl Gurney, dass er heute bestens in Schuss war, das 1:0 nur eine Frage der Zeit. Aber der tiefenentspannte Engländer wusste, was er den unzähligen Fans, vor allem denen im Saal, die weiterhin lauthals das „Beaton-Wonderland“ skandierten, schuldig war, ließ der 100 gleich zwei aufeinanderfolgende 180er folgen, und der geschmeidige 11-Darter ließ die Menge in Begeisterungsstürme ausbrechen. 1:1. Gurney wusste den Enthusiasmus jedoch abrupt zu stoppen und warf seinerseits zweimal die 180 am Stück. Eigentlich etwas, was das Publikum liebt, in dem Fall jedoch nicht so ganz willkommen hieß. Gurney ließ sich nicht davon irritieren, ob er den Zuschauern nun einen Gefallen getan hatte oder nicht, ihm war das egal, die verbliebene 85 mit Killerinstinkt und zwei Darts in der Hand rausgenommen und wieder übernahm er die 2:1 Führung. Doch Steve Beaton hatte gut zugehört, was die Menge von ihm forderte. Die 84 mit 20, 14 und Bullyeye ausgecheckt – spektakulärer hätte man das nicht machen können. 2:2. Aber damit war die Zuschauerforderung ja noch lange nicht erfüllt. Entschlossen fuhr der Dartprofi und zugleich Fahrlehrer die Satzstrecke bis zum Ende. Den Decider für sich entschieden, holte Steve Beaton seinen ersten Satz an diesem Nachmittag und der Saal jubelte lautstark. 1:2.

Der Jubelgesang wollte gar kein Ende nehmen, als der Engländer auch den ersten Durchgang des vierten Sets für sich entschied und 1:0 in Führung ging. Die Stimmung war nicht zu überbieten. Doch Gurney erwies sich als Stimmungskiller, Ausgleich 1:1. Beaton mit dem Leggewinn im dritten Satz – da war er wieder, der Freudentaumel auf dem Publikumsparkett. 2:1. Aber „Superchin“ wollte keine falschen Hoffnungen aufkeimen lassen, erstickte jeglichen Hoffnungssprössling im Ansatz und zwar mit einem Supercheckout. Das High-Finish von 132 Punkten weggewischt und – jetzt kommt`s: mit Bullseye, Bullseye, Double-16. FANTASTISCH! Damit hatte er jegliche Gegenstimme zum Schweigen gebracht. 2:2. Die Fans wussten nicht mehr, ob sie weinen oder jubeln sollten, denn auch den Decider entschied Daryl Gurney mit High-Finish, 136 (T20, T20, D8). 3:1 Matchsieg. Auch wenn es ausgerechnet gegen den uneingeschränkten Publikumsliebling Steve Beaton war, der Nordire hatte heute ein Monstermatch gezeigt und seine beste Performance abrufen können. Das war in der Vergangenheit auch längst nicht mehr immer eine Selbstverständlichkeit gewesen und so hieß der verdiente Sieger des heutigen Abschlussmatches: Daryl Gurney. Steve Beaton nahm es wie immer mit stilvoller Respektbekundung und gratulierte dem Gegner aufrichtig herzlich. Als der zum Abschluss den Respekt seinerseits noch damit bekundete, dass er vor dem Kultspieler auf die Knie ging, quittierte der „Bronzed Adonis“, dem es offensichtlich zu unangebracht erschien, dass sein Bezwinger vor ihm auf den Knien lag, mit angedeutetem Fußtritt. Beide nahmen es mit Humor, die englisch-nordirische Freundschaft kann weitergehen.

Daryl Gurney 3:1 Steve Beaton
100,79 Average 91,16
8 180s 2
136 High-Finish 84
2 100+ Checkouts 0
11/25 Finishing 6/10

Was für ein Wahnsinns aufregender Nachmittag. Schnell Luft holen, damit der letzte Abend vor der kurzen Weihnachtspause kommen kann.

Fotos © PDC @ Darts1

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