German Darts Championship – 2. Runde, Abendsession. Das Festival der Deutschen geht weiter

Auch die heutige Abendsession versprach ein Höchstmaß an emotionaler Gemütsbewegung. Zum einen, weil drei weitere deutsche Dartsprofis in der zweiten Runde antraten, zum anderen aber auch, weil nun endlich Darts-Giganten wie beispielweise der amtierende Weltmeister Michael Smith, der zweifache Weltmeister Peter Wright, World Grand Prix-Sieger Luke Humphries, der vielfache Major-Champion James Wade und Topstar Michael van Gerwen ihren ersten diesjährigen Auftritt in Hildesheim absolvieren würden. Nicht zu vergessen Dave Chisnall, die aktuelle Nummer eins der European Tour, der es heute Abend mit der deutschen Nummer eins, Gabriel Clemens aufnahm. Weitere Top-Guns komplettierten das großartige Line-up des heutigen Abends. Bei der European Tour gilt die Besonderheit, dass die gesetzten Spieler ihr Preisgeld nur in die Order of Merit einbringen können, wenn sie ihr erstes Spiel auch gewinnen.

Joe Cullen gegen Arron Monk bildeten den Anfang. Der „Rockstar“ fackelte nicht lange, holte sich das 1:0, „Mad Monk“ gelang der Ausgleich zum 1:1. Das dritte Leg starteten beide mit der 180, doch Cullen zeigte, wie man ein gut begonnenes Leg auch zu Ende spielt und übernahm wieder die Führung zum 2:1, die er im nächsten Leg gar auf 3:1 ausbaute. Doch Monk schaffte den Anschluss zum 3:2, gewann dann auch das folgende Leg zum Ausgleich 3:3. Aber Joe Cullen brachte sich raschestmöglich wieder ins Spiel zurück, holte sich Durchgang sieben und acht zum 5:3. Ein letztes Aufbäumen von Arron Monk zum 4:5, bevor der „Rockstar“ den Deckel draufmachte und das Spiel mit 6:4 überzeugend gewann.

Dann das mit Spannung erwartete Duell der beiden Spieler mit einem aktuellen Nummer-eins-Status:

Dave Chisnall gegen Gabriel Clemens

Welch bodenständige Charaktereigenschaften Clemens Gabriel aufweist, zeigte sich einmal mehr beim gestrigen Walk-on. „Gaga“ war schon fast auf Höhe der Bühne angelangt, da sah er wohl im Augenwinkel seines Gesichtsfeldes, dass er beim Vorbeigehen ein Kind übersehen hatte. Er machte umgehend kehrt und eilte zurück, um das versäumte Abklatschen mit dem Jungen nachzuholen.

Dave Chisnall mit 21 PDC-Titeln eine echte European Tour-Größe, in diesem Turnier an eins gesetzt, hatte das Ausbullen gewonnen, servierte auch gleich im ersten Leg seine erste 180. Nach 12 Darts hatte „Chizzy“ die 140 ausgecheckt, was gleich mal eine Ansage war. „Gaga“ nahm die Ansage zur Kenntnis und begann das zweite Leg dementsprechend mit sechs perfekten Darts und auch wenn es dabei blieb, war Leg zwei dennoch rasch eingetütet. „Chizzy“, der dieses Jahr drei von den bisherigen zwölf European Tour-Events eingestrichen hatte, holte sich Leg drei, ebenso wie Clemens seinen Anwurf in Leg vier. Ausgleich 2:2.

Im fünften Leg das Break, der Deutsche übernahme die Führung gegen den Anwurf. 3:2. „Chizzy“ auch im sechsten Leg mit größerer Streuung, Clemens blieb hingegen solide, bestätigte das Break und schritt nun mit einem zwei-Leg-Vorsprung voran. 4:2. Im siebten Leg der Engländer mit seiner zweiten 180, doch „Gaga“ konterte, pumpte ebenfalls das Triple-20-Segment voll. „Chizzy“ konnte abermals seine Leg-Darts nicht im Doppel platzieren, um seinen Anwurf zu halten, „Gaga“ ließ sich nicht zweimal bitten, 5:2 Führung. Gabriel Clemens hatte sich zwischenzeitlich in einen kleinen Rausch gescort. Fünfte 180 für den Deutschen. Dave Chisnall war offensichtlich partout nicht mehr in der Lage, einen Leg-Dart im Double-Out-Feld unterzubringen, während Clemens nun scheinbar alles gelang. Der Deutsche machte kurzen Prozess, schon hieß es 6:2.

Nach dem überragenden Sieg von Nico Kurz gegen Topstar Jonny Clayton, konnte nun also auch „Gaga“ Clemens eine weitere Überraschung landen, denn mit Dave Chisnall hatte er die Nummer eins der Pro Tour Order of Merit aus dem Turnier genommen. Folge: Mit dem Sieg übernimmt er auch dessen Setzposition.

„The Machine“ weiterhin auf Kurs

Als nächstes das englische Duell James Wade gegen Nathan Aspinall. Beide relativ unaufgeregt unterwegs, eventuell das ideale Match, um den Puls wieder geringfügig in ruhigere Bahnen zu regulieren. „The Machine“ ging mit dem Gewinn der ersten beiden Legs 2:0 in Führung. Doch auch Nathan Aspinall wollte mitspielen, holte den Anschluss zum 1:2. James aber weiter auf Kurs, somit 3:1. „The Asp“ abermals mit dem Anschluss 2:3. Jeder holte sich seinen Anwurf, natürlich auch Wade (4:2), gefolgt von Aspinall, (3:4), dem klar war, dass er ein Break benötigen würde, wollte er nochmal Spannung in dieses Match bringen. Die Spannung blieb aus, denn das fröhliche Wechselspiel ging weiter bis zum 5:4 (für James Wade). Nun wäre entweder das für Nathan Aspinall so dringend notwendige Break fällig oder das Match nach dem nächsten Leg zu Ende. Der Auto-Liebhaber hatte sechs Darts Zeit für die 124. Der fünfte saß und Nathan Aspinall durfte seinem Bezwinger James Wade zum 6:4-Sieg gratulieren.

Donnerschlag: Das deutsch-deutsche Darts-Duell

Das nächste Duell sollte den Pulsschlag wieder in Hochbetrieb versetzen. Denn nun auch der erste Auftritt von Martin Schindler bei den German Darts Open. Sein Gegner Ricardo Pietreczko, der sich mit seinem Sieg gegen Mickey Mansel am gestrigen Abend, ebenfalls sein Ticket für die European Darts Championship erkämpft hatte. Nur eines war bei diesem Match sicher: der Gewinner würde ein Deutscher sein. Damit bereits vor dem Spiel die Gewissheit, dass wir definitiv mit drei heimischen Teilnehmern am Finaltag mitfiebern können.

Die erste 180 im Match ging an Martin Schindler, trotzdem holte sich „Pikachu“ das erste Leg, wohlgemerkt gegen den Anwurf. Der gleiche Ablauf mit umgekehrten Vorzeichen im zweiten Leg: diesmal warf Pietreczko die erste 180, Schindler gewann dafür das Leg gegen den Anwurf. 1:1. Drittes Leg und das Break-Festival nahm seine Fortsetzung. 2:1. Doch dann setzte Ricardo der Serie ein Ende, holte sein eigenes Leg. 3:1. Auch das vierte Leg ward fantastisch zu Ende gespielt: Pietreczko hatte die Möglichkeit zum High-Finish. Und er nutzte diese Chance bravourös! Die 103 nahm er mit Triple-20, 11, Doppel-16 heraus. 4:1.

Nach der 103 gelang „Pikachu“ dann auch noch die 102 (19/T17,D16), und er führte mittlerweile 5:1. Nach kurzer Freude über ein High-Finish, umgehend in die Konzentration zurückzukehren, ist eine Gabe, die Ricardo besonders liegt – faszinierend! Schon das siebte Leg hätte die Entscheidung bringen können. Doch Ricardo verwarf zwei Matchdarts, somit die letzte Chance für Martin Schindler nochmal zu verlängern. „The Wall“ stand auf 40, doch seine ersten zwei Leg-Darts gingen an der Doppel-20 vorbei. Mit dem letzten Dart in der Hand, traf Schindler das ersehnte Ziel. Es war sein eigener Anwurf. 2:5.

Dann Anwurf Pietreczko: fünf perfekte Darts waren schon mal ein vielversprechender Start. Auch Martin Schindler hielt mit drei perfekten mit. Doch Ricardo blieb stabiler im Scoring, bis letztendlich der dritte Matchdart saß und der gebürtige Berliner, mit aktuellem Wohnort Nürnberg, mit zufriedener Miene die Glückwünsche seines Landsmanns entgegennehmen konnte. Ein weiteres vorgezogenes Geburtstagsgeschenk, das er sich selber erworben hatte. Es war „Pikachu“ heute gelungen, einen tiefen Riss in „The Wall“ zu hämmern, und so war er mit einem Average von über 107 mehr als verdienter Sieger dieses deutsch-deutschen Duells. Kleine, aber relevante Anmerkung: Ricardo spielte heute den vierthöchsten Average ever, den je ein Deutscher auf der Pro-Tour gespielt hatte.

Auf Sparflamme unterwegs

Ob sich das nächste Match mit Superstar Michael van Gerwen dazu eignen würde, wieder ein wenig von den Emotionsgipfeln herunter zu klettern, war fraglich. Sein erster Auftritt in Hildesheim, und er bekam es mit Steve Lennon zu tun. „MvG“ musste das angesprochene Bedürfnis nach ein wenig Beruhigung irgendwie gespürt haben, denn das, was er in der Anfangsphase zeigte, war eher dürftig und keineswegs dazu berufen, in überschwängliche Jubelposen auszubrechen. Die ersten vier Legs verabschiedeten sich alle vom Anwerfer und wechselten als Breaks zur gegnerischen Seite hinüber. 2:2. Dann das 3:3, mit der einzigen Besonderheit, dass nunmehr jeder seinen Anwurf geholt hatte. Van Gerwen befand sich im Average weiterhin unter 90, für seinen Anspruch unterirdisch. Der Ire, Steve Lennon hielt entspannt mit.

Dann hatte der Niederländer seine eigenen Faxen dicke, holte erneut ein Break, das er diesmal im Anschluss auch bestätigte 5:3. „Scuba Steve“ besaß noch eine letzte Chance, sein nächstes Leg für die Verlängerung einzufahren, doch die ließ er aus. Also machte van Gerwen den Deckel drauf. 6:3. Vom ersten Auftritt des Titelverteidigers hatte man mehr erwartet. „Mighty Mike“ konnte nicht halten, was sein Status versprach. Auf Sparflamme gespielt, holte er einen eher glanzlosen Sieg, aber a win is schließlich a win. Und zumindest hatte sich der Herzschlag wieder etwas beruhigt. Für irgendwas musste die durchwachsene Leistung der beiden Akteure ja gut sein.

„Snakebite“ kann immer noch zubeißen

Dann warteten wir auf Chris Dobey gegen Peter Wright, die Nummer 18 der Weltrangliste gegen die aktuelle Nummer drei. Auf dem Papier eine eindeutige Sache, doch blickt man auf die Bilanz der beiden gegeneinander, so muss man feststellen, dass sie in den letzten zwei bis vier Jahren dreimal gegeneinander gespielt haben und alle dreimal hieß der Sieger Chris Dobey. Noch dazu wusste man bei „Snakebite“ nie so genau, mit welcher Tagesform er sich präsentieren würde.

Der Start war ein schneller Leg-Gewinn für „Hollywood“. Der Schotte hatte im zweiten Durchgang da schon größere Schwierigkeiten beim Auschecken, doch der Engländer war noch weit genug entfernt, und so holte sich Peter Wright den Ausgleich doch einigermaßen gelassen, bevor er im Anschluss auch noch das erste Break einfuhr. 2:1. Die Break-Bestätigung ließ auch nicht allzu lange auf sich warten 3:1. Dobey wollte heute nicht wirklich zur Hochform auflaufen, zunächst dennoch ein unangefochtenes 2:3. Mit leichten Parallelen zum Spiel Wade/Aspinall ausgestattet, plätscherte auch dieses Match ein wenig vor sich hin. 4:2 für den Schotten. Doch dann der entscheidende Unterschied zu besagtem englischen Duell, denn im Gegensatz zu James Wade, der seinen Vorsprung einfach nur verwaltet hatte, übernahm Peter Wright nun die Initiative mit dem nächsten Break zum 5:2 und schloss das Match im Anschluss mit dem 6:2 ab. Der erste Sieg von Peter Wright über Chris Dobey auf der European Tour seit 2019. „Snakebite“ als eine Art Ehrenretter für die gesetzten Spieler, denn allzu viele derer hatten am heutigen Tag nicht die Oberhand behalten.

Mit dem Titel im Rücken

Das vorletzte Spiel der zweiten Runde und der frisch gebackene Major-Champion, Luke Humphries bekam es mit Boris Krcmar zu tun. Bemerkenswerte Bilanz: die beiden spielten heute zum fünften Mal gegeneinander, beide mit zwei Siegen im Gepäck. Mit dem ersten größeren Major-Erfolg im Rücken spielt es sich gleich nochmal cooler und so marschierte Humphries erstmal 2:0 in Front. Das dritte Leg eines, an das man sich als Spieler nicht gerne zurückerinnert. Beide mit zahllosen Fahrkarten aufs Doppel. „Cool Hand“ Luke warf gleich neun Pfeile daneben, so dass der Mann aus Zagreb, preisgekrönter Topstar bei den Softdarts, letzten Endes doch noch zum ersten Leg-Gewinn kam. Das sollte dann aber auch erstmal der einzige Durchgang bleiben, den Humphries seinem Gegner zugestand, denn ratzfatz stand es 5:1 für den Engländer. Im siebten Leg zeigte der Kroate nochmal, dass auch er anständiges Scoring beherrscht, holte sich ein weiteres Leg. 2:5. Aber es war klar, dass Luke Humphries nichts mehr zulassen würde. Zwölf weitere Darts genügten ihm, um als 6:2-Sieger von der Bühne zu gehen.

Kurioser Abschluss

Was jetzt noch fehlte, war der Auftritt des Weltmeisters. Alan Soutar hatte die undankbare Aufgabe, Michael Smith hier Paroli zu bieten. Doch Alan Soutar, ein ehrenvoller „Hansdampf in allen Gassen“, der unser aller Maximum an Respekt verdient, hatte erstmal das Nachsehen. Obwohl nicht bekannt war, ob wieder ein präferiertes Rugby-Game anstand, drückte Michael Smith auch heute abermals aufs Tempo. Obwohl – tut er das nicht eigentlich immer?! Locker aus dem Handgelenk pfefferte er die Pfeile scheinbar im Vorbeigehen aufs Board, und man staunt stets aufs Neue, wie zielsicher das vonstattengeht. Bis zum 4:0 zugunsten des Engländers lief bei „Soots“ nicht viel zusammen. Das fünfte Leg dann eher ein kleines Kuriosum, denn der Schotte warf sechs Darts am Doppel vorbei. Weil auch der „Bully Boy“ eine kleine Scoring-Pause eingelegt hatte, durfte Alan Soutar auch noch mit dem siebten Leg-Dart in der Hand ans Oche treten. Der saß schließlich, 1:4.

„Sooth“ nahm seine vielen Anläufe mit Humor, auch Michael Smith war amüsiert, doch gerade Soutar schien nun so viel Spaß am zeitweiligen Misslingen zu haben, dass es ihm gelang, die Fehlschläge in Treffer umzuwandeln. Man rieb sich ein wenig verwundert die Augen, denn plötzlich hatte Alan Soutar fünf Legs hintereinander gewonnen, brauchte nur noch eines, um dem Weltmeister bei der Abreise hinterherzuwinken. Höchste Eisenbahn für den „Bully Boy“, abermals eine Schippe draufzulegen. Vielleicht hatte er das Spiel nach der 4:0-Führung zu lässig genommen, gar Mitleids-Gesten für den bis dahin glücklosen Schotten gezeigt. Nun war ihm der Ernst dieser Situation wieder bewusst geworden, es gelang Smith einen Gang hochzuschalten und den Decider zu erzwingen. 5:5. Der elfte Durchgang ein fahriges Leg von beiden, mit dem glücklicheren Ende für den Weltmeister. 6:5 für Michael Smith. Ein spannender, teilweise fast witziger Abschluss eines grandiosen Turniertages.

Natürlich sei hier nochmal an das brillante Abschneiden der deutschen Teilnehmer erinnert. Und so nutzen wir die paar verbliebenen Nachtstunden, um uns vom mehrfach strapazierten Adrenalin-Überschuss zu erholen und freuen uns auf den finalen Sonntag. Bis morgen: stay bright, nice flight.

German Darts Championship


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