German Darts Championship, Achtelfinale. Zwei gezogene Viertelfinal-Tickets – Darts-Deutschland ist aus dem Häuschen …

… und auch wenn es sich so anfühlte, es war nicht das „Madhouse“.

In der Hoffnung, dass alle Darts-Fans ihr Nervenkostüm rechtzeitig wieder einigermaßen zusammengestrickt, gehäkelt und möglichst noch mit Schrauben befestigt bekommen haben, hier also der erste Blick auf den aufregenden Finaltag in Hildesheim. Und es sollte keine Vorlaufzeit für die Adrenalinausschüttung geben, denn bereits das erste Match sorgte für Spannung pur. Zunächst stand an diesem Sonntag das Achtelfinale an, es ging weiterhin über eine Distanz von maximal elf Legs, d.h. auch in dieser Runde (ebenso wie in den heute Abend folgenden Viertelfinals) galt, der erste, der sechs Legs sein eigen nennen konnte, war weiter. Die Besonderheit: noch nie waren am Finaltag eines European Tour Events drei Deutsche am Start. Und einer davon gleich im ersten Match: Gabriel Clemens, der es heute mit Ross Smith zu tun bekam. Nachdem „Gaga“ gestern das brillante Kunststück gelungen war, den an Nr. 1 gesetzten Dave Chisnall, den Großmeister der Pro Tour, aus dem Turnier zu nehmen, war es heute an ihm, auch den an 16 gesetzten „Smudger“ in den Griff zu bekommen. Der hatte bei seinem ersten Auftritt zwar relativ wenig Mühe, Daryl Gurney aus dem Weg zu räumen, doch „Superchin“ war am gestrigen Spieltag auch alles andere als eine Herausforderung. Was der Sieg gegen den Nordiren wert war, sollte sich erst heute zeigen.

Naturgemäß war Ross Smith ursprünglich in der Erwartung, heute gegen die Nr. 1 der Pro Tour, also gegen „Chizzy“ anzutreten. „Gaga“ hatte dieses Jahr auf der European Tour noch keine Bäume ausgerissen, daher umso erfreulicher, dass er hier in Hildesheim ausgerechnet den diesjährig erfolgreichsten Spieler der Tour schlagen konnte. Und es war der erste Sieg des Deutschen überhaupt gegen Dave Chisnall. In dieser Form musste Gabriel Clemens gar keinen Gegner fürchten. Sowieso kam es im Darts darauf an, das Board zu spielen und nicht den Gegner. Wenn „Gaga“ sein gestriges Spiel heute abermals auspacken konnte, standen die Chancen auf das Viertelfinale ausgesprochen gut. Mit bislang zwei Titeln auf der Pro Tour ausgestattet war der Engländer, Ross Smith dennoch keineswegs zu unterschätzen.

Und so ging Leg 1 tatsächlich erstmal an „Smudger“. Doch „Gaga“ versteckte sich nicht, holte das zweite Leg mit einem sensationellen Checkout: 164 (Triple-20, Triple-18, Bullseye), das bislang höchste Finish des Wochenendes. 1:1. Doch nachdem Ross Smith im dritten Leg seinen Anwurf heimgebracht hatte, holte er im folgenden Durchgang auch das Break. Und das, obwohl Clemens in diesem Leg seine erste 180 geworfen hatte, die Smith aber postwendend mit seiner zweiten Maximum-Aufnahme beantwortete. Umso wichtiger, dass „Gaga“ umgehend das Re-Break gelang, 2:3. Mindestens genauso relevant war es für den Deutschen nun seinen Anwurf zu halten, um den Ausgleich zu erzielen. Doch dies war ein merkwürdiges Leg, es schien, als seien die Doppelfelder abgesperrt worden, beide warfen acht bis neun Darts zielsicher am Doppelfeld vorbei. Letzten Endes dann doch Gabriel Clemens, der den x-ten Pfeil im Ziel versenken konnte. Der wichtige Ausgleich war da. 3:3. „Gaga“ kam danach wieder besser in Tritt, während Ross Smith, der gesetzte Nachrücker, der von der kurzfristigen Absage von Gerwyn Price profitiert hatte, irgendwie aus der Spur gekippt schien. Die neun am Doppel vorbeigeschleuderten Leg-Darts hatten ihn offenbar angefasst. Anders verhielt es sich beim Deutschen. Mit seinem dritten Leg-Gewinn in Folge ging er nach zwei weiteren Durchgängen 5:3 in Führung. Die Chance, das Match im neunten Leg zuzumachen, ließ Clemens noch aus und nach endlos scheinender Doppel-Pechsträhne traf Ross Smith doch noch ein Doubleout, verkürzte damit auf 4:5. Aber auch wenn „The German Giant“ im zehnten Leg fünf Match-Darts benötigte, saß der letzte schließlich doch in der Double-5 und somit Match-Gewinn, 6:4 gegen Ross Smith. Somit behält der Deutsche gegen „Smudger“ auch weiterhin eine weiße European-Tour-Weste. Smith konnte „Gaga“ auf dieser Tour noch nie schlagen, auch heute nicht. Es war kein hochklassiges Match, Clemens hatte sich heute eher zum Sieg gezittert, aber manchmal siegt halt einfach der, der am Tag X die größere Wettkampfstärke mitbringt.

Zum dritten Mal in seiner Karriere in einem European Tour Viertelfinale wurde Gabriel Clemens gefragt, wer denn sein nächster Wunschgegner sei: Michael van Gerwen oder Joe Cullen. „Gagas“ spontane Antwort: „Michael“. Dass sich der „German Giant“ als potentiellen Gegner den übermächtigen Giganten aus Niederlande wünschte, überraschte nicht wenige. Doch warum? Die Überraschung müsste sich in Grenzen halten, denn man weiß doch: Gabriel Clemens möchte sich immer mit den Besten messen.

Wer nun tatsächlich sein Kontrahent im Viertelfinale werden würde, sollte sich gleich im folgenden Spiel entscheiden: MvG gegen den „Rockstar“ Joe Cullen. Man dürfte gespannt sein, ob „Mighty Mike“ heute etwas mehr Elan in sein Spiel legen würde, als er gestern an den Tag gelegt hatte. Im ersten Leg stellte sich ein ähnliches Mysterium vor, wie im Match zuvor. Auch jetzt noch schienen einige Doppelfelder wie zugenagelt, so auch hier Fehlwürfe en masse. Joe Cullen traf schließlich die Doppel-5 und holte sich das Break zum 1:0. Und der niederländische Superstar kassierte auch noch das 0:2. Dann endlich war auch van Gerwen auf dem Leg-Score-Board angekommen. 1:2. Der folgende 13-Darter von „Mighty Mike“ zum Ausgleich kam relativ selbstverständlich rüber. 2:2. Viele unerzwungene Fehler von van Gerwen führten dazu, dass er das nächste Break kassierte. 3:2 für Joe Cullen. Mit der 164 vor der Brust hatte Joe Cullen im sechsten Leg die letzte Möglichkeit, das Break zu bestätigen. Doch die 164 auszuchecken war dieses Wochenende bisher nur einem gelungen, Gabriel Clemens. Der „Rockstar“ hätte im vorausgegangen Match besser hingucken sollen, denn da hatte „Gaga“ vorgemacht, wie besagtes High Finish funktioniert. Nachdem der Niederländer dieses Leg als Break zurückgeholt hatte, gelang Joe Cullen im nächsten Durchgang derselbe Coup, ging dadurch wieder 4:3 in Führung. Abermals gleiches Spiel auf der anderen Seite: 4:4. Keinem wollte es gelingen, endlich mal wieder das angeworfene Leg nach Hause zu bringen. Und kaum hatte ich das ausgesprochen, schon belehrte mich MvG eines Besseren, gewann sein eigenes Leg. Und zwar mit dem ersten „Big Fish“ des Wochenendes. Im zehnten Leg legte van Gerwen nochmal eine gehörige Pause ein, mit eher schlechten als rechten Würfen. Aber vielleicht wollte er es einfach nur nochmal spannend machen. Denn nach dem Ausgleich, 5:5, ging es in den Decider. Und da zeigte er seinem Kontrahenten mal wieder, wo der Hammer hängt, das 6:5 für Michael van Gerwen letztendlich souverän.

Pikachu trifft auf den „Killer“

Doch für Spannung war auch weiterhin gesorgt, erst recht im nächsten Spiel, denn hier wartete „Pikachu“ Ricardo Pietreczko auf George Killington. Obgleich seine körperliche Statur da nicht wirklich viele Möglichkeiten bietet, hatte Ricardo heute allen Grund mit breiter Brust ans Oche zu treten. Doch mit dem Engländer hatte er einen „Killer“ auf der anderen Seite stehen. Vor diesem Wochenende hatte George Killington noch kein einziges Spiel auf der European Tour gewonnen, wobei man das gestrige Match gegen Dirk van Duijvenbode wohl weniger als Match denn als Farce bezeichnen kann.

Ricardo Pietreczko startete genüsslich mit der 180 ins Match. Die „Pikachu“-Rufe ließen nicht lange auf sich warten. Nach neun Darts bereits auf der 36 musste auch Ricardo erstmal mit dem zwischenzeitlich bekannten Phänomen der verschlossenen Doppelfelder Bekanntschaft machen. Das hielt diesmal aber nicht lange an, denn mit der nächsten Aufnahme war das 1:0 für Pietreczko eingetütet. Mit Leg 2 war dann auch der Engländer, der im vorausgegangen Leg noch etwas abwesend schien, im Match angekommen. 1:1. Nachdem der Deutsche im nächsten Durchgang ein paar kleinere Schwierigkeiten hatte, sein Leg durchzubringen, zeigte er im Folgenden umso mehr Verve. Das Break erzielt, führte „Pikachu“ mittlerweile mit 3:1. Eventuell von der Euphorie des Publikums ein wenig aus der Konzentration genommen, möglicherweise auch von den Missgeschicken seines Gegners irritiert, suchte Ricardo kurzzeitig den Blickkontakt zu seinem Anhang und schnaufte auch erstmal knapp durch, bevor er zum entscheidenden Wurf aufs Doppel ansetzte. Das erneute Sammeln hatte gewirkt, 4:1 für Pietreczko. Und nachdem sein Landsmann „Gaga“ Clemens es heute schon vorgemacht hatte, wollte Ricardo nicht zurückstehen: auch er holte sich die 164 (T19, T19, 50), das High Finish, das jetzt schon als deutsches Abonnement zu buchen ist, und zog damit auf 5:1 davon. „The Killer“ zeigte faire Anerkennung. Pietreczko musste nun wirklich eine kleine Verschnaufpause einlegen, gönnte seinem Gegner das 2:5 (nicht wirklich!). Mehr als acht Legs wollte Ricardo in dieser Runde jedoch nicht mehr spielen, denn schließlich galt es Kraft zu sparen – ja, es ist wahr – für das Viertelfinale. Völlig unnötig das Luxus-Problem zu erwähnen, dass „Pikachu“ zwei Match-Darts benötigte, bevor er zum 6:2 gegen George Killington davonzog. So hatten wir mit Ricardo Pietreczko einen mehr als verdienten Sieger und noch bevor der dritte im Bunde, Nico Kurz, auf die Bühne kam, bereits jetzt ein sensationelles Ergebnis im Gepäck: zwei Deutsche sicher im Viertelfinale – wann hatte es das je zuvor auf der European Tour gegeben? Antwort: noch nie!

„The Bullet“ – wenn das Geschoß mitten im Bullseye landet

Nicht nur, was den Musikgeschmack betrifft, kamen als nächstes wieder zwei sehr konträre Spieler zum Walk-on: Jules van Dongen und Stephen Bunting. „The Dutch Dragon“, der Amerikaner mit niederländischer Herkunft, hatte das Achtelfinale ebenso überraschend wie überzeugend erreicht. Der Engländer konnte hingegen in Runde 1 überhaupt nichts von seiner Klasse ans Oche bringen, während er den gebrauchten ersten Spieltag gestern definitiv geraderückte. Bunting, mit 18g Darts immer noch relativ leichtgewichtig unterwegs, doch im Vergleich zu seinen ursprünglichen „12 Gramm-Federn“ doch ein ziemlicher Sprung nach oben. Der ehemalige BDO-Weltmeister ist derjenige, der mehr oder weniger in einer Art Grauzone zur PDC gewechselt war. Definitiv mit einer gewissen Cleverness ausgestattet, hatte er einfach die Überweisung seiner BDO-Weltmeister-Prämie abgewartet, bevor er zum eher irregulären Absprung ansetzte.

Bis zum 2:1 für „The Bullet“ war alles in der Reihe, jeder hatte seinen Anwurf durchgebracht. Dann schaltete der Engländer einen Gang höher, während „The Dutch Dragon“ schon mit etwas Müdigkeit unterwegs zu sein schien, zumindest seine bis dato siegesgewisse Ausstrahlung vermissen ließ. Ohne größere Probleme führte Bunting bereits 4:1, bevor auch van Dongen endlich mal wieder zuschlagen konnte (2:4), in erster Linie, weil Bunting seine legendäre Tee-Pause (ohne Tee) zu nehmen schien. Auch im siebten Leg war Stephen Bunting scheinbar noch nicht wirklich zurückgekehrt, denn der niederländische Amerikaner zog weiter ungestört seine Kreise, nunmehr zum 3:4. Der Engländer völlig aus dem Tritt gekommen, servierte van Dongen die Chance auf den Ausgleich auf dem silbernen Tablett. Der nahm irgendwann dankend an und es stand 4:4. Stephen Bunting zeigte ganz offen, wie sehr ihn das mittelmäßig gerechtfertigte Abfeiern von Seiten des gegnerischen Anhangs gegen den Strich ging. Dieses vorzeitige Jubel-Gehabe war einfach nicht Buntings Cup of Tea. Fast schon zum Trotz legte Bunting nochmal eine Schippe drauf, holte das 5:4. Doch auch van Dongen kann „Trotzkopf“, konterte mit dem 5:5. Es ging über die volle Distanz, Leg 11 würde die Entscheidung bringen. Man konnte annehmen, die dramatische Hochspannung würde nun ihren Gipfel erreichen, doch Stephen Bunting in seiner heute leicht verärgerten und doch stets ausgeglichenen Nonchalance-Art hatte keine Lust auf Drama. Das 6:5 holte „The Bullet“ souverän. Der Erfolgslauf des Jules van Dongen fand hier ein abruptes Ende und der nächste Viertelfinalteilnehmer stand fest.

Mit der Niederlage von Jules van Dongen standen nunmehr auch 31 Spieler für die European Championship fest. Brendan Dolan darf sich als 31. über die gesicherte Teilnahme freuen und wird wohl gerade seinen „Helicopter“ gedreht haben, einzig Chris Dobey befand sich noch auf dem möglichen Schleudersitz, musste als aktuell 32. ein wenig weiter bangen.

„The Heat“ ist weiter on fire

Damon Heta und Martin Lukeman mussten derweil nicht ums Weiterkommen bangen, denn beide hatten es im folgenden Match selbst in der Hand, sich die Teilnahme im heutigen Viertelfinale zu sichern. Bis zum 2:1 für Lukeman wechselten sich beide im Leg-einkassieren ab, doch nachdem „The Heat“ im vierten Leg ebenfalls die Erfahrung mit den heute vermeintlich verschlossenen Doppelfeldern machen durfte, baute Martin Lukeman mit Break auf 3:1 aus. Postwendend das Re-Break, Anschluss zum 2:3, bevor dem Australier auch der Ausgleich gelang. 3:3. Das Match gab uns Gelegenheit, mal so ein bisschen tiefer durchzuatmen, denn beide spielten o.k., aber nichts Außergewöhnliches. Plätscher-plätscher, das Interessanteste war noch der Fakt, dass Heta auf der Tour noch nie gegen Lukeman gewinnen konnte und man wirklich zu keinem Zeitpunkt sagen konnte, ob diese Misere Hetas anhielt, denn der Australier ging immer mal wieder mit einem Leg Vorsprung in Führung, ließ sich dann aber umgehend wieder einfangen. Spektakulärstes Einfangen war sicher Martin Lukemans High Finish, als er die 142 zum 5:5 auscheckte. Anwurf Lukeman fürs Match, doch in diesem Spiel fast ein Nachteil! Denn bislang waren fast alle Legs per Break geholt worden. Und so war es, dem Spielverlauf entsprechend Damon Heta, der die ersten beiden Match-Darts erhielt, die er jedoch zu seinem größten Ärger verwarf. Doch Martin Lukeman leistete sich in seiner nächsten Aufnahme den mit Sicherheit schwerwiegendsten Fauxpas dieses Matches. Bei einem Restbetrag von 109 traf er souverän die Triple-20, verpasste dann aber die große Neun, die ihm die Möglichkeit zum Checkout auf Doppel-20 gewährleistet hätte! Damon Heta, der nach seinem letzten Fehlwurf das Spiel gedanklich eigentlich schon fast zu den Akten gelegt zu haben schien, bekam also doch noch eine Chance. Die nutzte er und gewann somit sein erstes Match gegen Martin Lukeman auf der European Tour. Der Australier hatte somit das Viertelfinal-Ticket gezogen, allerdings in einem Spiel, das weniger von der Spannung lebte, als vielmehr von den Fehlern des anderen. Das Siegesmotto lautete einfach nur, derer weniger gemacht zu haben als der Gegner. So gewann „The Heat“ das Match, das eher in die Kategorie „zähflüssig“ gehörte.

Der Dritte im Bunde

Gar kein zähes Match erwarteten wir vom nächsten Spiel. Denn mit Nico Kurz stand der dritte deutsche Partizipant am Oche dieses Achtelfinales. Sein Gegner der zweifache Weltmeister, Peter Wright, doch dass Nico mit großen Namen umgehen konnte, hatte er spätestens gestern bewiesen, als er Jonny Clayton abservierte. Im ersten Leg machte der Deutsche da weiter, wo er gestern aufgehört hatte, 1:0 für Nico Kurz. Klar, dass man Peter Wright mit einem Leg-Gewinn nicht erschrecken kann. Unbeeindruckt holte sich auch „Snakebite“ seinen Anwurf, was Nico mit dem selben konzentrierten Gleichmut beantwortete und so strich der Deutsche seinerseits ein weiteres Mal sein Leg ein. Natürlich ertönte zu den Klängen, mit denen die Zuschauer sonst „Peter, Peter Wriiiight“ skandieren, nunmehr das „Nico, Nico Kuuurz“. Was den Schotten freilich nicht sonderlich überraschen konnte und so ließ er dem Leg-Gewinn nach eigenem Anwurf anschließend auch noch das erste Break folgen. 3:2. Nico Kurz spielte weiterhin ordentlich, durchaus auch mit sehr guten Momenten, doch der zweimalige Weltmeister mit entsprechender Qualität gesegnet, hatte halt auch auf alles immer wieder die passende Antwort parat und so stand es kurze Zeit später 4:2 für Wright. Im siebten Leg die zweite 180 von Nico Kurz und der Anschluss zum 3:4. Peter Wright hatte heute Nachmittag sicher nicht sein absolutes A-Game zur Verfügung, doch als gewiefter Taktiker, wusste er selbstverständlich manches Manko auszugleichen und Fehler umgehend zu korrigieren. Und so war auch das 5:3 für den Schotten eher unaufgeregte Pflichtübung. „Snakebite“ wollte sich dann auch nicht mehr nur auf seinen Anwurf verlassen, zu oft hatte er zugucken müssen, wie andere doch noch an ihm vorbeigezogen waren und er wusste ganz genau, dass ein Nico Kurz durchaus in der Lage war, ihn trotz Führung noch abzufangen. Daher wollte er kein unnötiges Risiko eingehen. Das neunte Leg schloss er in typisch abgezockter Wright-Manier souverän ab und so war der 6:3 Sieg eingesackt.

Trotzdem Glückwunsch an Nico Kurz für das Erreichen des Achtelfinales, was bereits eine herausragende Leistung war, nicht zuletzt angesichts der geschlagenen Namen. Und gegen einen zweifachen WM-Gewinner zu verlieren, ist nun wirklich keine Schande. Herzliche Gratulation aber auch für den Routinier Peter Wright, der heute einmal mehr gezeigt hat, wie wesentlich Wettkampfmentalität ist und was Erfahrung ausmacht. Im nächsten Match der Major-Champion-Debütant gegen den zehnfachen Major-Champion: Luke Humphries gegen James Wade

Vor Matchbeginn zog Luke Humphries noch rasch seinen Hosenladen hoch – ich glaube, diese Bewegung schon öfter bei ihm bemerkt zu haben, muss also langsam mutmaßen, dass dies ein Ritual sein könnte. Wir erinnern uns an das Socken-hochziehen bei Michael van Gerwen. Waren das Rituale, die Rückschlüsse auf arglosen Aberglauben zuließen? Man weiß es nicht, aber der Laden war oben und so konnte das Match beginnen.

Die eigensinnige Gepflogenheit schien gewirkt zu haben, denn „Cool Hand“ Luke ging im Schnellverfahren 2:0 in Führung. Wie aus der Hüfte geschossen, warf Humphries auch das 3:0. James Wade blieb ruhig, auch wenn die Gesichtsfarbe langsam Rötung annahm, denn was Luke Humphries da heute wieder ans Board nagelte, war jenseits von Gut und Böse. 112 im Average bis dahin für „Cool Hand“ Luke. Auch James Wade zeigte sehr gutes Scoring, über 100 im Average, aber wenn der Gegner nicht eine Sekunde locker lässt, hinkt man halt immer drei Darts hinterher. Und so sah sich „The Machine“, der nicht wirklich viel falsch gemacht hatte, bald einem 0:5 Rückstand hinterherlaufen und „laufen“ ist hier wirklich der richtige Ausdruck, denn es lief und lief und lief … für Luke Humphries. Weder ein „Robin Hood“ noch sonstige gelegentliche Unwegsamkeiten konnten ihn aufhalten. Humphries spielte seinen Gegner schwindlig, der musste das Gefühl haben, in einem überdrehten Karussell gefangen zu sein. Das 6:0 wurde Wades Leistung in keiner Weise gerecht, dennoch ein gerechtes Ergebnis mit Blick auf die Performance des neuen Major-Champions.

Ein Weltmeister siegt auf jeden Fall

Der Begriff “Run” hatte hier eine weitere Bedeutung erhalten, Luke Humphries war regelrecht ins Viertelfinale gerannt. Im kommenden Match konnte ähnliches passieren, denn Weltmeister Michael Smith ist auch nicht gerade für Slow Motion bekannt. Und auch Rob Cross, Weltmeister von 2018 und ein flotter Werfer vor dem Herrn, würde dafür sorgen, dass das letzte Spiel dieser Achtelfinalrunde nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Man durfte den Blick nicht wirklich lange vom Geschehen abwenden, denn im Nu waren die ersten vier Legs Geschichte. Jeder hatte sein Anwurf-Leg abgeräumt, es stand 2:2. Im fünften Durchgang das erste Break, Nutznießer war Michael Smith und so stand es 3:2 für ihn. Cross wollte sich das nicht bieten lassen, Re-Break zum 3:3. Nach einem privat schweren Jahr für Rob Cross, betont „Voltage“ immer wieder, dass er mittlerweile das Schlimmste überwunden hat, sich daher wieder komplett auf Darts konzentrieren kann und somit erneut voll durchstarten möchte. Beobachtete man ihn hier in Hildesheim, wurde klar, der Mann meint, was er sagt. Mit 4:3 ging Rob Cross in Führung. Im achten Leg setzte das Publikum zu vereinzelten und ebenso unverständlichen Pfiffen an, um „Voltage“ aus dem Rhythmus zu bringen. Doch Michael Smith hatte aufgepasst. Und somit war es ausgerechnet der Kontrahent, der die Pfiffe mit eindeutiger Geste unterband, so dass Cross seine Würfe ungestört ausführen und in der Tat das Break zum 5:3 holen konnte. Nichtsdestotrotz zeigt das, aus welchem Stoff Helden gemacht werden, wie der Weltmeister gestrickt ist und wie massiv sein Bewusstsein für Fairness sein Verhalten lenkt. Im nächsten Leg war der „Bully Boy“ denn auch wieder in der Lage, das Re-Break zu landen. 4:5. Dann das zehnte Leg: auch hier zeigte „Voltage“ wieder spektakuläres Scoring und so sah es lange nach Leg- und Spielgewinn für ihn aus, doch er verwarf mehrere Match-Darts, schaffte es nicht über die Ziellinie. Smith behielt die Nerven, holte gegen alle Odds des Legverlaufs doch noch das 5:5. Die Spannung war auf ihrem Höhepunkt angelangt, der Decider stand an und irgendwie hatte man das Gefühl, dieses Spiel hatte das Entscheidungsleg auch wirklich verdient. Doch auch in diesem Durchgang zeigte der „Bully Boy“ nicht die gleiche Stabilität im Scoring, wie dies Rob Cross tat und auch wenn der drei weitere Match-Darts verwarf, saß der vierte letztendlich doch im gewünschten Segment. Somit ein extrem spannendes und auch dramatisches letztes Spiel in diesem Achtelfinale und der glückliche Gewinner hieß Rob Cross.

Die Vorfreude aufs Viertelfinale war groß, nicht nur für „Voltage“, sondern auch für die deutsche Darts-Fan-Gemeinde, denn heute Abend immer noch dabei waren Gabriel Clemens und Ricardo Pietreczko.

Das Ende des Achtelfinales hatte übrigens auch die Frage nach dem Teilnehmerfeld für die Westphalen Halle in Dortmund beantwortet. Chris Dobey konnte ab jetzt entspannen, sein Platz war gesichert und somit standen alle 32 Protagonisten fest. Einzig bei der Zusammensetzung der Paarungen konnte sich noch die eine oder andere Änderung ergeben.

Mit dieser letzten Information für heute Nachmittag geht es in die Pause. Lang wird die nicht sein, denn ab 19 Uhr geht es weiter mit den Viertelfinals.

German Darts Championship


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