Kim „The Hurricane“ Huybrechts
Kim „The Hurricane“ Huybrechts

Interview mit Kim Huybrechts

DER BELGISCHE DARTS-STAR KIM „THE HURRICANE“ HUYBRECHTS

„VIELLEICHT BIN ICH WIRKLICH ZU BRAV“

Sie wuchsen mit Pfeilen in den Händen auf: Kim und sein 20 Jahre älterer Bruder Ronny waren im Cafe ihrer Eltern nicht von der Dartscheibe wegzubekommen. Wir trafen uns mit dem jüngsten Sprössling aus der Darter-Familie Huybrechts.

Das Darten lernte der 38-jährige Kim „The Hurricane“ Huybrechts buchstäblich von klein auf kennen. Und nicht nur er, auch sein 20 Jahre älterer Bruder Ronny („The Rebel“) wuchs damit auf. Das hatten sie ihren Eltern zu verdanken. Sie betrieben das bekannte „Cafe Monty“ in Antwerpen, zu dem auch ein gleichnamiger Dartsclub gehört. Ronny ist aktuell die Nummer 42 der Weltrangliste, doch sein kleiner Bruder Kim hat es in der „PDC Order of Merit“ sogar bis auf Platz 12 geschafft.

Belgien kann sich glücklich schätzen, ein Toptalent wie Kim Huybrechts in seinen Reihen zu haben. Dennoch ist der Dartsport in Belgien nicht allzu populär, schon gar nicht im Vergleich zu England oder den Niederlanden. „Was braucht es, damit Belgien genauso dartsverrückt wird?“ wiederholt Huybrechts die Frage und meint lachend: „Wenn ich die WM gewinnen würde, wäre das sicher sehr hilfreich! Doch es kommt gar nicht so sehr darauf an, dass man einen hat, der in der Weltspitze mitspielt. Darts wird im belgischen Fernsehen nicht ausgestrahlt. Das ist der entscheidende Punkt, denn alles steht und fällt mit dem Sponsoring. Sportler, die oft im Fernsehen zu sehen sind, finden Sponsoren, denn dort wollen die Unternehmen ihr Logo auf den Shirts sehen. Solange die Turniere in Belgien nicht gezeigt werden, haben die Unternehmen kein Interesse. Denn was bringt es einem belgischen Autohändler oder Gebäudereiniger, wenn sein Logo in England im Fernsehen gezeigt wird? Nichts. In den Kneipen in Belgien wird sehr viel Darts gespielt, doch das ist positiv und negativ zugleich. Einerseits ist es gut, dass viele Menschen darten, doch andererseits sind die entscheidenden Leute der Meinung, dass es sich bei Darts nur um einen Kneipensport handelt.“

Zur Förderung der besten Talente seines Landes hat Huybrechts (gemeinsam mit ein paar anderen) vor ein paar Jahren einen Dartsverband speziell für Jugendliche gegründet. Man darf sehr gespannt, sein, ob dieser Verband („Ludos“) in den nächsten Jahren einige belgische Nachwuchstalente hervorbringt.


Einzigartige Brüder

Die Kneipe ist die Wiege des Dartsports. Diesbezüglich kann Kim Huybrechts natürlich mitreden. Es war fast logisch, dass er und sein Bruder Ronny Dartspieler geworden sind. Wer besser ist? „Gäbe es zwischen uns beiden nicht diesen immensen Altersunterschied, wäre Ronny wahrscheinlich der Bessere geworden. Er kann sich besser konzentrieren als ich und ist zudem ehrgeiziger, was das Training angeht.“

Die Brüder haben auch schon im Team auf höchstem Niveau Darts gespielt. 2013 erreichten sie z.B. das Finale des World Cup of Darts und wurden am Ende Team-Vizeweltmeister. Kim und Ronny standen sich auch schon auf der großen Bühne gegenüber, u.a. bei der WM und beim Grand Slam of Darts. Das macht die beiden Brüder zu einem Unikum in der Darts-Welt. Die Kindheit in einer Antwerpener Kneipe mit Dartscheiben an der Wand ist nicht der einzige Grund, warum Kim das Pfeilewerfen liebt. „Ich habe früher auf BBC viel Darts geguckt. Richie Burnett war damals mein Held. Ich weiß noch genau, wie er 1995 BDO-Weltmeister wurde. Das war super!“

Das geringe Interesse an Darts vonseiten der belgischen Öffentlichkeit erinnert an die Situation in den Niederlanden vor 20 Jahren. Erst als Raymond van Barneveld Weltmeister bei der BDO wurde, gewann Darts dort an Popularität. Und dann folgten auch die heiß ersehnten Fernsehübertragungen. Also doch einen ernsthaften Angriff auf den Weltmeistertitel wagen? „Ja, es muss schon einen geben, der die Sportart im eigenen Land populär macht. Ich tue mein Bestes, doch es gelingt mir noch nicht hundertprozentig so, wie ich mir das vorstelle. Woran das liegt? Tja, vielleicht bin ich wirklich zu brav. Ich weiß es nicht. Ich muss es herausfinden. Seit ein paar Monaten bin ich auf der Suche nach dem passenden Bühnenauftritt. Auf der großen Bühne bin ich manchmal sehr emotional. Damit haben manche Spitzenspieler ihre Probleme. Ich bin gerade dabei, einen Charakter zu finden, der zwischen diesen beiden Extremen liegt. Ich finde es ja schließlich auch nicht schön, wenn mich jemand nicht leiden kann, deshalb will ich manchmal ein bisschen zu nett zu allen sein. Vielleicht war das bisher auch mein größtes Problem. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass man als Top-Darter über eine Killermentalität verfügen muss.“

Kim gibt sich bescheiden, doch eigentlich muss er das gar nicht sein. Er gehört zur Top-20 der PDC-Weltrangliste und ist einer der wenigen Profis, denen ein Neundarter vor TV-Kameras gelang. Das werden viele seiner Konkurrenten ihm so schnell nicht nachmachen. „Ja, das war vor gut zwei Jahren. Wichtig ist, dass ich diese Partie am Ende auch gewonnen habe. Ein Neundarter ist schön, doch er bringt dir nur ein Leg ein. Soll heißen, dass man damit nicht besonders viel gewinnt. Ich bringe schon seit Jahren gute Leistungen. Nicht sehr gute, sondern lediglich gute Leistungen. Und das ist vielleicht mein Problem. Ich muss besser werden und kontinuierlich Top-Leistungen zeigen.“


Im Griff haben

Der PDC-Kalender verlangt den Spitzenspielern immer mehr ab. Die vielen Turniere in verschiedenen Ländern gehen manchmal ganz schön auf die Kondition. Und eine gesunde Ernährung ist aufgrund der vielen Hotelübernachtungen nicht immer möglich. „Nun, ich trage natürlich auch ein Bäuchlein mit mir rum. Dabei gehe ich regelmäßig mit einem Freund joggen und spiele nach wie vor einmal in der Woche Fußball. Ich versuche, möglichst gesund zu leben. Doch wenn man ein Turnier im Ausland spielt und erst am späten Abend an der Reihe ist, schaut man natürlich schon, welche Restaurants dann noch geöffnet haben. Und am Ende landet man häufig bei McDonald’s oder holt sich einen Döner. Es ist manchmal schwierig, in Form zu bleiben, doch ich gebe mein Bestes.“

Noch kurz ein schmerzhaftes Thema anschneiden: Die 3:6-Niederlage gegen den Engländer James Wilson (die damalige Nummer 45 der PDC-Rangliste) bei der „PDC European Championship“ im belgischen Hasselt. „Ich hatte damals schon seit Wochen mit einem Tennisarm zu kämpfen, weshalb ich nur unter Schmerzen trainieren konnte. Doch vor heimischem Publikum aufgeben, war so ungefähr das Letzte, was ich wollte. Ich werde hier nicht mit Worten beschreiben, wie ich mich damals fühlte. Denn dann muss dieses Interview zensiert werden. Mir ging es hundsmiserabel. Aber das gehört dazu. Man muss sich im Griff haben. Doch nach diesem Match konnte ich kaum einschlafen. So schlecht fühlte ich mich.“ Und weil wir gerade über ungute Gefühle reden, wollen wir wissen, wer Kims Angstgegner ist. „Terry Jenkins (aktuell noch auf Platz 23 der PDC Order of Merit zu finden, Anm. d. Red.). Er hat zwar jetzt aufgehört, doch ich musste oft gegen ihn spielen und habe eigentlich immer verloren. Wenn ich einen 73er-Average warf, dann warf er einen 75er. Warf ich 92 Punkte im Schnitt, dann gelangen ihm 93. Warf ich 107, schaffte er 110. Er war immer einen Tick besser. Immer!“


Fantastisch und schrecklich zugleich

Kim Huybrechts spielte eine Zeitlang bei der BDO, bevor er zur PDC ging. Gab es einen Grund für den Wechsel? „Nein, den gab es nicht. Ich spielte nicht fest bei der BDO, sondern nahm nur hin und wieder an Turnieren teil, zum Beispiel an den Belgian Open, den Dutch Open und den German Open. Eines Tages meinte ein Kumpel von mir, dass er an einem PDC-Turnier teilnehmen will. Er hatte sich noch nicht qualifiziert, doch man konnte sich noch anmelden. Da er nicht alleine gehen wollte, habe ich zugesagt, ihn zu begleiten. Kein Problem. Ich qualifizierte mich für dieses Turnier und zog ins Viertelfinale ein, wo ich gegen Terry Jenkins verlor. Ja, der schon wieder! Anschließend konnte ich mich noch ein paarmal für PDC-Turniere qualifizieren. Also dachte ich mir: ‚Vielleicht solltest du mal versuchen, dich für ein Turnier der PDC European Tour zu qualifizieren.‘ Dann fand ich einen Sponsor, spielte die gesamte European Tour und auf einmal war ich bei der PDC dabei. Recht schnell durfte ich zum ersten Mal in der Premier League ran. Das war fantastisch und schrecklich zugleich. Denn meine Tochter war gerade geboren worden und ich konnte von Mittwoch bis Sonntag nicht zuhause sein. Ich sah meine Familie damals nur zwei Tage in der Woche. Das tat weh. Und von daher war meine erste Teilnahme an der Premier League Fluch und Segen zugleich.“


Schlechter Verlierer

Welche mittelfristigen Pläne hat Huybrechts? Wo sieht er sich in ein paar Jahren? „Ich glaube nicht, dass es beim Darts so etwas wie einen Plan geben kann. Man muss von Woche zu Woche schauen. Man bereitet sich vor, geht auf die Bühne und fühlt sich super. Und dann kann es passieren, dass sich das Blatt von einer Sekunde auf die andere wendet. Von daher gibt es keinen Plan.“ Was macht er dann, um sein Spiel zu verbessern? Sieht er sich nächtelang alte Spiele an und analysiert sie akribisch? „Ich schaue mir meine Spiele nur nochmal an, wenn ich gewonnen habe. Nach einer Niederlage kann ich das nicht. Denn wenn ich verloren habe, gehe ich mit mir selbst zu hart ins Gericht. Dann schaue ich mir das erste Leg an und sehe meinen missratenen dritten Wurf... Ich bin der schlechteste Verlierer, den es gibt. Kein Witz, ich gehöre zu den Top-3 der schlechtesten Verlierer bei der PDC. Nicht dass ich darauf stolz bin, doch wenn mir eine Niederlage nichts mehr ausmacht, sollte ich das Profi-Darts sein lassen und nur noch bei kleinen, lokalen Veranstaltungen spielen. Wenn ich nicht mehr glaube, gewinnen zu können, muss ich sofort aufhören.“

Text: Jeroen de Vries und Paul Teixera
Übersetzung: Martin Rönnberg


Steckbrief-Interview: Kim Huybrechts

Name?

Kim „The Hurricane“ Huybrechts

Geburtsdatum?

16. November 1985

PDC-Weltranglistenposition?

Platz 12 (4. Juli 2017)

Wie entspannst du dich?

Tja, auf diese Frage gibt Kim keine richtige Antwort. Doch wenn wir raten müssten, würden wir tippen: Am liebsten zuhause bei Frau und Kind.

Lieblingssportart (im Fernsehen)?

„Darts und Fußball.“

Unterstützung durch Familie und Freunde?

Gewiss. Seine Frau Dana Verhaegen ist in belgischen Darts-Kreisen selbst auch keine Unbekannte. Also reichlich Unterstützung aus dieser Ecke.

Gibt es ein Leben neben dem Darts?

Auch hierzu äußert sich Kim nicht wirklich. Unsere Einschätzung: Huybrechts wird solange professionell Darts spielen, bis er nicht mehr gewinnt. Und das kann noch eine ganze Weile dauern. Zum Glück!

 Kim Huybrechts Porträt


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