Uniboffin

Aus dem Testlabor
von Unicorn Darts


Gutmütigkeit

Irgendwann Mitte der 1960er-Jahre kaufte ich mir einen Satz Messing-Darts mit einfachen Feder-Flights, die tief in den Schäften steckten. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt sind, sollte ich sie jedoch wiederfinden, würden sie mir im Vergleich zu einem modernen Satz Darts, z.B. dem „Sigma 950 Pro“ mit Wolfram-Legierung, „Side-Loading“-Titanium-Thermoplastik-Schäften und „Delta“-Polyester-Flights, ziemlich einfach vorkommen. Auch wenn das Äußere natürlich täuschen kann, muss dies nicht zwangsläufig so sein, und in diesem Fall hat sich in den rund 40 Jahren, die zwischen den beiden Dart-Sätzen liegen, bezüglich Design und Herstellung sicherlich einiges getan. Vieles davon ist, wie ich ja schon erläutert habe, auf Fortschritte in der Materialtechnologie und nicht auf aerodynamische Theorien zurückzuführen. Trotz ihres offensichtlichen Mangels an Raffinesse verdienen einige Materialien, die früher in der Dartherstellung benutzt wurden, jedoch unseren Respekt.

Lasst uns zunächst einmal das „Rohr“ unter die Lupe nehmen und damit das Material, nach dem die Dart-Schäfte früher benannt waren, auch wenn sie in Wirklichkeit eher aus „normalem“ Holz, wie z.B. Birke waren. Doch selbst normales Holz, ebenso wie Rohr oder Bambus, ist ein faseriges, im Verhältnis „Kraft zu Gewicht“ zusammengesetztes Material, das in einigen Fällen durchaus mit maschinell hergestelltem, mit Karbonfasern verstärktem Kunststoff (oder Glas, Boron, Kevlar usw.) mithalten kann. Heutzutage werden die vom Menschen hergestellten Materialen oft bevorzugt, weil die Qualität der Struktur viel besser kontrolliert werden kann und die einzelnen Komponenten besser formbar sind.

Was mich problemlos zur Frage bringt, ob man Dart-Schäfte aus Kohlegraphit herstellen könnte. Die Antwort ist ein eindeutiges „Ja“, tatsächlich wurden Dart-Schäfte sowohl aus Glasfasern, als auch aus Kohlenstofffasern in geringem Umfang bereits hergestellt, und ich habe irgendwo in einer Schublade noch „Slick Sticks“ aus Kohlenstofffasern, die Unicorn vor 20 Jahren für mich hergestellt hat.

Auch wenn das Material, aus dem diese produziert wurden, nicht leichter (sondern sogar etwas schwerer) als das viel billigere Thermoplastik ist, das normalerweise für die Schaftherstellung verwendet wird, und die ausgleichende zusätzliche Festigkeit bei den meisten „End-Loadern“ nicht nötig ist, war ich doch daran interessiert, es für die „Slick Sticks“ auszuprobieren, weil es verhältnismäßig steif ist. Das wäre für den Prototyp der Sigmas, an dem ich damals gerade arbeitete, ein Vorteil gewesen (und ist einer der Gründe, warum die „Sigma Pro“-Schäfte momentan aus Titanium sind). Dummerweise erwies sich jedoch die kürzere Haltbarkeit und die beeinträchtigte Widerstandfähigkeit, die mit der größeren Steife einhergingen, als vollkommen ungeeignet für die Massenproduktion. Wer weiß, vielleicht wird man irgendwann auf diese Idee zurückgreifen, wenn verbesserte zusammengesetzte Materialien zur Verfügung stehen.

Aber um noch einmal auf die traditionellen Materialien meiner alten Darts zurückzukommen - wie ist es denn nun mit diesen pfeilförmigen Flights aus Truthahn-Federn? Wie gut waren die denn? Also wenn man sich das wirklich einmal überlegt, ist die Natur doch ein hervorragender Ingenieur und auch Federn sind dafür ein sehr gutes Beispiel - mit den unterschiedlichsten Querschnitten, mit Schaum gefüllt, mit Fasern verstärkt und mit Stielen, die einem Gehäuse ähneln. Sie halten sehr lange, haben eine Art Klettverschluss und zarte Flügel. Für die ihnen von der Evolution zugedachte Aufgabe des Fliegens gibt es immer noch kein adäquates, vom Menschen hergestelltes Pendant, das bezahlbar wäre (fragt nur mal einen Badmintonspieler - bisher konnte kein künstlicher Federball hergestellt werden, der überzeugender ist als der aus 16 natürlichen Gänsefedern, die in einem Korken stecken).

Es ist aber trotz allem so, dass die Effizienz und die Kostenersparnis, die durch die Trennung von Schaft und Flight erreicht wurden und die man daher auch separat austauschen kann, für die Feder-Flights wohl der Todesstoß waren. Doch ich muss schon zugeben, auch wenn ich dabei wie ein altes Fossil bzw. ein Technikgegner klingen mag (der darauf besteht, dass nichts, aber auch gar nichts aus der neuen Technik-Armada der Stereoanlagen an den Klang von Diamantnadeln, Tonarmen aus Bambus und Vinylplatten herankommt), dass ich dies zumindest manchmal sehr schade finde.

Und so komme ich noch zum letzten Aspekt meiner alten Darts - dem Barrel-Material. Okay, nicht viele Leute würden ernsthaft behaupten, dass sich Messing viel besser für Dart-Barrels eignet als die viel schwerere Wolfram-Legierung, jedoch wäre ein dicker Goldüberzug noch besser, weil Gold mindestens so schwer wie Wolfram ist. Es ist allerdings nicht so robust und vielleicht eignet sich Platin, das noch schwerer ist, noch besser für einen Satz Darts, der dann in er Kneipe sicher eine ähnliche Neigung hätte, von Eurem Tisch zu verschwinden, wenn Ihr einen kurzen Abstecher an die Bar unternehmt, um etwas zu trinken.

Solltet Ihr jedoch die globale Rezession einfach ignorieren und einen Satz Darts mit Barrels aus Platin, Feder-Flights und Rohr-Schäften in Auftrag geben wollen, lasst Euch nicht von mir aufhalten. Ich habe da doch irgendwo noch so ein solides, (ver-äh) goldenes Set mit Feder-Flights herumliegen, das Euch interessieren könnte…

Wo habe ich das bloß hingetan?



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