Psychischer Druck Inhaltsverzeichnis der Doktorarbeit

5.3 Untersuchungsmethodik

Dr. Heiko Maurer

5.3.1 Bewegungsaufgabe

In der hier vorgestellten Untersuchung wird der Basketball-Freiwurf als Bewegungsaufgabe verwendet. Dieser zeichnet sich durch sehr hohe Genauigkeitsanforderungen aus und stellt beim Basketball eine besonders bedeutsame Situation dar. Der gefoulte Spieler führt den Freiwurf aus und wird dabei von Mitspielern, Betreuern und Zuschauern beobachtet. Häufig versuchen die gegnerischen Zuschauer den Spieler durch Lärm oder das Schwenken von Gegenständen zu stören. Zudem werden aufgrund der günstigen und unbedrängten Schussposition hohe Trefferquoten erwartet, sodass der Freiwurf – insbesondere am Ende des Spiels und bei ausgeglichenem Spielstand – für die Spieler mit einem hohen Ausführungsdruck verbunden ist. Somit wird mit dem Freiwurf in dieser Untersuchung eine Bewegungsaufgabe gewählt, die auch in der Spielpraxis häufig auftritt und mit hohem Druck verbunden ist.

Der Freiwurf erweist sich aber auch aus anderen Gründen gut für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen. Durch die standardisierte Ausführungssituation können mögliche Veränderungen der Bewegungsausführung auf die Untersuchungsbedingungen zurückgeführt werden. Der Ballflug eignet sich zudem gut zur Quantifizierung der Ausführungsvariabilität und der aufgabendienlichen Kovariation (vgl. Abschnitt 4.2), wodurch leistungsrelevante kinematische Ausführungsmerkmale bestimmen lassen.

5.3.2 Versuchspersonen

An der Untersuchung nahmen jeweils 15 rechtshändige Spielerinnen des U16- und des U18-Kaders des Deutschen Basketball Bundes (DBB) teil (MAlter = 16.23 Jahre, SDAlter = 1.43 Jahre). Damit standen 30 hochgradig geübte Spielerinnen mit mehrjähriger Wettkampferfahrung (M = 7.52 Jahre, SD = 2.04 Jahre) zur Verfügung. Die Durchführung erfolgte am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar in Heidelberg im Rahmen von zwei Vorbereitungslehrgängen auf die Europameisterschaften 2004.

5.3.3 Versuchsplan

Die Spielerinnen wurden quasi-randomisiert in eine Druck-Gruppe (DG), eine Internal-Gruppe (IG) und eine External-Gruppe (EG) eingeteilt (jeweils n = 10). Bei der Zuordnung wurde lediglich sichergestellt, dass die letzten beiden Spielerinnen jedes Teams nicht der Druck-Gruppe zugeordnet wurden. Der Grund hierfür besteht darin, dass zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung über das Erreichen des vorgegebenen Teamziels (vgl. Abschnitt 5.3.5) schon gefallen sein kann und damit möglicherweise keine Druckbedingung mehr vorliegt.

Von jeder Spielerin wurden vier Wurfserien absolviert, wobei für die Auswertung lediglich die zweite und dritte genutzt wurde, die den Vergleich zwischen einer Baseline- und einer Treatmentbedingung ermöglichen. Der gesamte Ablauf ist im Überblick in Abbildung 9 dargestellt. Die erste Serie mit 15 Freiwürfen diente der Gewöhnung an die Untersuchungsbedingungen (Kameras, Rechner, Scheinwerfer, Marker, Versuchsleiter etc.). Die restlichen drei Serien umfassten jeweils 20 Würfe, wobei die letzte dazu diente, dass alle Spielerinnen den vom Trainer angekündigten Leistungstest (vgl. Abschnitt 5.3.5) absolvierten. Auf die Auswertung der letzten Serie bzw. die Durchführung aller Bedingungen von allen Spielerinnen wurde verzichtet, um zu erwartende Übertragungseffekte von Druck- auf Aufmerksamkeitsbedingungen und umgekehrt zu vermeiden.

Druck-Gruppe (DG) Internal-Gruppe (IG) External-Gruppe (EG)
Gewöhnung Gewöhnung Gewöhnung
Baseline Baseline Baseline
Druck Internal External
Internal Druck Druck
Abbildung 9: Design von Untersuchung I. Hervorgehoben sind die beiden Serien, die in die Auswertungen einbezogen werden.

5.3.4 Versuchsaufbau

Für die Untersuchung stand ein abgeteiltes Hallendrittel mit einer wettkampfgemäßen Standkorbanlage zur Verfügung. Für die vorgesehenen kinematischen Analysen wurde sowohl die Bewegungsausführung als auch der Ballflug videometrisch erfasst. Die Freiwurfbewegung wird im Wesentlichen in der Werfer-Korb-Ebene ausgeführt, sodass eine zweidimensionale Erfassung der Bewegung – bei einer erheblichen Reduktion des Auswerteaufwandes – angemessen erscheint. Für die Erfassung stand eine digitale Kamera (Basler A602fc) zur Verfügung, mit der bei voller Auflösung (654 x 490 Pixel) 100 Vollbilder pro Sekunde erfasst und direkt auf dem Auswerterechner gespeichert werden können. Diese Aufnahmefrequenz kann für die Bearbeitung der hier vorliegenden Fragestellungen als ausreichend betrachtet werden (vgl. Baumann, 1996). Die Kamera wurde im Abstand von 3,6 m zur Mitte der Freiwurflinie und in einer Höhe von 1,3 m neben den Spielerinnen auf der Wurfarmseite positioniert. Neben der Kamera befanden sich vier 500 Watt-Lichtquellen. Hierdurch wurde sichergestellt, dass die für die Erfassung an den Gelenkpunkten angebrachten reflektierenden Marker im Videobild deutlich erkennbar sind.

Für die Bestimmung der Flugbahnen im Raum sind aufgrund der bekannten Eigenschaften des Ballfluges (vgl. Abschnitt 5.3.6) keine hohen Aufnahmefrequenzen erforderlich. Zur videometrischen Erfassung wurden zwei DV-Kameras (Panasonic NV-DS 60EG) genutzt. Eine Kamera wurde ca. 5 m hinter der Freiwurflinie und eine weitere im 90°-Winkel dazu seitlich neben der Wurfebene im Abstand von ca. 7 m positioniert. Eine Schwierigkeit bei der Erfassung des Ballfluges bestand in der Kalibrierung des großen und hohen Aufnahmevolumens. Dies wurde durch ein 24-Punkt-Kalibrierungssystem gelöst, das an einem fahrbaren Gerüst angebracht war. Die Positionierung der Kameras und des Aufnahmerechners ist schematisch in Abbildung 10 dargestellt (Kamera 2 und 3).

psychodruck


















Abbildung 10: Schematischer Versuchsaufbau mit der Kamera zur Erfassung der Bewegung in der Wurfebene (1) und den beiden Kameras zur Erfassung des Ballfluges (2, 3) sowie des Aufnahmerechners.

5.3.5 Versuchsablauf

Die Untersuchung wurde im Rahmen von jeweils einer Kadermaßnahme des U16- und des U18-Kaders des DBB durchgeführt. Vor Beginn der Untersuchung fand eine gemeinsame Besprechung mit den Spielerinnen, den Betreuern und dem Versuchsleiter statt. Dabei wurde angekündigt, dass im Rahmen des Trainingslehrgangs eine Untersuchung zur Biomechanik der Freiwurfbewegung durchgeführt wird und dazu jede Spielerin mehrere Wurfserien unter verschiedenen Bedingungen durchführen sollte.

Der eigentliche Versuchsablauf wurde von jeder Spielerin einzeln absolviert. Nach dem Anbringen der reflektierenden Marker (vgl. Abschnitt 5.3.6) wurden entsprechend der jeweiligen Versuchsgruppe vier Wurfserien in der in Abbildung 9 aufgeführten Reihenfolge ausgeführt. Im Anschluss an jede Wurfserie wurden die Spielerinnen aufgefordert, die State-Skala des State-Trait-Angstinventars (STAI) von Laux, Glanzmann, Schaffner und Spielberger (1981) auszufüllen. Dabei sollten sie angeben, welche Zustandsbeschreibung während der vorherigen Wurfserie am besten zutraf. Der gesamte Ablauf für eine Spielerin dauerte etwa 40 Minuten.

Baselinebedingung

Die erste Serie stellte für alle Spielerinnen eine Baselinebedingung dar, in der eine allgemeine Instruktion („Wirf’ einfach und versuche zu treffen.“) gegeben wurde.

Druckbedingung

Um in der Untersuchung eine realistische Drucksituation zu erzeugen, erfolgte in der anfänglichen Besprechung eine Vorgabe des Bundestrainers. Dieser teilte der Mannschaft mit, dass eine der Wurfserien als Leistungstest genutzt wird, um den aktuellen Leistungsstand des Kaders zu ermitteln. Als Ziel wurden 70% erfolgreiche Würfe in der entsprechenden Wurfserie vorgegeben und im Falle des Nichterreichens eine zusätzliche Konditionstrainingseinheit für den nächsten Tag angekündigt. Bei Erreichen der Vorgabe wurde zusätzlich eine Belohnung von 200 Euro für die Teamkasse ausgelobt.

Bewegungsbezogene (internale) Aufmerksamkeitsbedingung

Vor der Durchführung der bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsbedingung erfolgte jeweils eine Befragung, welcher Aspekt der Wurfbewegung (z. B. die Armstreckung oder das Abklappen des Handgelenkes) von der Spielerin als besonders wichtig erachtet wird. Sie wurde dann aufgefordert, ihre Aufmerksamkeit bei der Ausführung der Würfe in der folgenden Serie gezielt auf diesen Bewegungsaspekt zu lenken. Das Ziel dieser Vorgehensweise bestand darin, dass die Aufmerksamkeit auf vertraute und als wichtig erachtete Bewegungsaspekte fokussiert wurde. Im Anschluss an die Wurfserie gab die Spielerin an, wie gut ihr die Fokussierung auf den angegebenen Bewegungsaspekt gelungen war.

Effektbezogene (externale) Aufmerksamkeitsbedingung

Vor der effektbezogenen Aufmerksamkeitsbedingung wurde die Spielerin befragt, auf welchen Effekt der Bewegung (z. B. den Ballflug oder das Erreichen des Korbes) sie bevorzugt fokussiert. Anschließend wurde sie aufgefordert, diesen Aufmerksamkeitsfokus während der Ausführung der Würfe in der folgenden Serie zu nutzen und im Anschluss anzugeben, wie gut diese Fokussierung gelungen ist.


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