Vor 25 Jahren – Der „Darts-Split“

Im Oktober 1992 fand mit dem „Lada UK Masters“ das erste Turnier des neugegründeten World Darts Council statt. Diese Veranstaltung leitete einen Prozess ein, an dessen Ende die Abspaltung des WDC von der British Darts Organisation stand.

Nachdem es im Laufe der 1980er-Jahre zu einem Rückgang der Anzahl an TV-Turnieren kam, schlossen sich einige der führenden Spieler, Berater und Hersteller zum World Darts Council zusammen, um den professionellen Dartsport wiederzubeleben. Das „Lada UK Masters“ im Oktober 1992 war die Premierenveranstaltung des WDC und einer der Schlüsselmomente für die Zukunft des Dartsports.

In unserem ersten Artikel beschäftigten wir uns mit dem „Lada UK Masters“ selbst, nun wollen wir die nachfolgenden Veranstaltungen betrachten, die zum „Darts-Split“ führten.

Die BDO-WM 1993, an der auch Spieler teilnahmen, die dem WDC angehörten, sollte als letzte gemeinsame Weltmeisterschaft in die Geschichte eingehen. In diesem bedeutsamen Turnier sicherte sich John Lowe durch seinen Finalsieg über Alan Warriner den Titel. Im Anschluss an die vom WDC im Frühjahr 1993 veranstalteten Turniere „UK Matchplay“ und „Samson Darts Classic“ wurden die 16 WDC-Spieler von allen Veranstaltungen der BDO ausgeschlossen. Die Sache landete vor Gericht. Neben anderen Schlüsselfiguren des WDC standen die bekannten Manager Dick Allix, Tommy Cox und John Markovic den Spielern in den Gerichtsverhandlungen zur Seite.

Rückblickend auf die durch das „Lada UK Masters 1992“ angestoßenen Veränderungen meint Marcus Robertson, der für die Öffentlichkeitsarbeit des WDC verantwortlich war: „Die Abspaltung war bereits im Gange und wir übertünchten die entstandenen Risse durch die Teilnahme an der BDO-WM 1993. Als wir die Risse erkannten und Sky uns 1993 vorschlug, unsere eigene Weltmeisterschaft zu veranstalten, war die Sache entschieden. Ich denke, auch die Spieler wussten, dass dies der Wendepunkt war.“

„Dick und Tommy heimsten einen großen Teil des Lobes ein, doch ohne diese unglaublich mutigen Spieler wäre es nicht möglich gewesen. Sie bildeten eine außergewöhnliche Gemeinschaft mit einem tollen Zusammenhalt. Die Ironie des Schicksals lag einzig und allein darin, dass ausgerechnet Mike Gregory, der vermutlich aufgrund des großen Drucks zurück zur BDO ging, das ‚UK Masters 1993‘ gewann.“

Dick Allix und Tommy Cox bei ihrer Aufnahme in die „PDC Hall of Fame“ im Jahr 2010

Dick Allix: „Nach unseren ersten Turnier erwartete ich eine sofortige Reaktion der BDO, doch da kam rein gar nichts und das war irgendwie komisch. Eigentlich sollte es Krieg geben, doch er brach nicht aus. Dann veranstalteten wir das nächste Turnier und es gab immer noch keinen Krieg. Olly kam zu den Sitzungen des WDC, die von Michael Lowy und anschließend von Robert Pringle geleitet wurden. Man lud ihn immer wieder ein, sich aktiv zu beteiligen. Es wurde ihm stets versichert, dass es sich um eine Dienstleistung für ihn und die BDO handelte, doch er glaubte nicht an PR.“

„Er war der Ansicht, dass PR bzw. was Marcus unter PR verstand, zu teuer war und überschätzt wurde, doch dem muss man entgegenhalten, dass wir unsere Sportart nicht zurück ins Fernsehen bringen konnten, wenn darüber noch nicht einmal im hinteren Teil der Zeitungen berichtet wurde. In meinen Augen war und ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit für jede Sportart der entscheidende Faktor.“

Im April 1993, nachdem bereits drei WDC-Turniere von Regionalsendern in Großbritannien ausgestrahlt worden waren, beschloss die BDO, Spieler und Offizielle auszuschließen, die mit dem WDC in Verbindung standen.

„Wir wurden zur Hauptversammlung der BDO in eine Sporthalle bestellt. Die Repräsentanten aller Bezirke warteten dort, und es kam uns vor, als würden wir zur Guillotine geführt“, meint Allix. „Wir wurden beschimpft, ausgebuht und Lügner genannt, es war schrecklich völlig sinnlos. Tommy und mir war klar, dass wir so etwas nie wieder erleben wollten.“

„Wir mussten als Bittsteller auftreten und uns Geld leihen, damit das Gerichtsverfahren überhaupt eröffnet wurde. Ich weiß noch, dass mir ein Geldgeber einen Scheck über 20.000 Pfund überreichte und ich damit zur Rechtsanwaltskanzlei Clinton's rannte, weil es sonst kein Verfahren gegeben hätte. Wir hätten es um ein Haar nicht geschafft, genügend Geld zu sammeln - Tommy belastete sein Haus mit einer Hypothek und weitere Personen leisteten ebenfalls ihren Beitrag. Wie schon die Anwälte sagten, war es ein Pyrrhussieg. Doch niemand trug einen Schaden davon und das Spiel war endlich von den Fesseln der BDO befreit.“

„Die allererste Weltmeisterschaft, die wir in der Circus Tavern veranstalteten, war der eigentliche Wendepunkt, auch wenn wir sie mit einer Gruppenphase durchführen mussten, da wir nicht über genügend Spieler verfügten. Als wir den Vertrag mit Sky in der Tasche hatten, konnten wir uns auf die Suche nach Sponsoren machen, weil wir mit einem landesweit empfangbaren Fernsehkanal und nicht nur mit einem Regionalsender aufwarten konnten.“

„Ich wundere mich noch heute über die Widerstandsfähigkeit, die diese Spieler, und auch Marcus, Tommy, John Markovic und ich entwickelten. Keiner von uns hatte so etwas schon einmal erlebt. Niemand dachte ans Aufgeben und die daraus entstehende Kraft war enorm. Olly wollte uns trennen und besiegen, doch sein Plan ging nicht auf. Ich denke, dass er damit nicht gerechnet hatte, denn mitten im Gerichtsverfahren sagte er: ‚Ich kann nicht glauben, dass ich euch nicht kleingekriegt habe‘. Ich war ziemlich überrascht, dass nur Mike Gregory und Chris Johns zurück zur BDO gingen, doch je mehr Olly unternahm, umso leichter fiel es den Spielern, seine Pläne zu durchschauen.“

Im Herbst 1993 kündigten Johns und Gregory ihre Zusammenarbeit mit dem WDC auf und gingen zurück zur BDO. Somit waren nur noch 14 Spieler an der Abspaltung beteiligt.

„Chris gehörte nicht zu den bekannten Gesichtern derer, die sich abgespalten hatten“, erinnert sich der TV-Kommentator John Gwynne. „Er trat beim UK Masters 1992 nicht an. Ich denke, er war verschreckt. Schon damals war ich der Ansicht, dass er in dieser Zeit sehr einsam gewesen sein muss. Er war der einzige Waliser, der sich den ‚Rebellen‘ angeschlossen hatte und ich kann mir gut vorstellen, dass er in seiner Heimat ziemlich große Probleme bekommen hätte. Das hat er sich vermutlich zweimal durch den Kopf gehen lassen.“

„Mike Gregory war damals einer der besten Spieler überhaupt. 1992 erreichte er das Finale der Weltmeisterschaft, in dem er Phil Taylor unterlag. Er gewann das UK Masters in den Jahren 1992 und 1993 und entschied sich dann, zur BDO zurückzukehren. Ich glaube, sogar er selbst würde zugeben, dass dies die schlechteste Entscheidung seines Lebens war, weil er anschließend von keiner der beiden Seiten anerkannt wurde.“

Tommy Cox erinnert sich: „Es gab Zeiten, in denen wir uns um nichts anderes kümmerten. Doch wenn wir es nicht gemacht hätten, würde sich der Dartsport heute in einer erbärmlichen Situation befinden. Die Leute meinten, es würde nicht zu einer Abspaltung kommen, weil die BDO uns kleinkriegen und unsere Schwäche ausnutzen würde, doch die Spieler hielten zusammen. Ohne sie hätten wir es niemals geschafft. Die Spieler, die heute in den Genuss der hohen Preisgelder kommen, die Barry möglich machte, sind den 14 ‚Rebellen‘ von damals auf ewig zu großem Dank verpflichtet.“

John Gwynne und Marcus Robertson beim jährlichen PDC-Galadinner 2014

Die rechtskräftige Beendigung des Gerichtsverfahrens erfolgte 1997, als man sich auf eine „Tomlin Order“ (eine Art Vergleichsverfügung, die das britische Rechtssystem vorsieht) einigen konnte, wobei Gwynne – der von allen WDC-Turnieren berichtete – anmerkt, dass die Spannungen zwischen den beiden Organisationen noch viele Jahre lang anhielten, obwohl die BDO-Spieler nunmehr am Grand Slam of Darts der PDC teilnehmen konnten.

„Damals wären alle Aktiven der BDO automatisch ausgeschlossen worden, wenn sie in irgendeiner Form an Veranstaltungen des WDC teilgenommen hätten”, meint Gwynne. „Ich habe mich nie zu den Akteuren der Abspaltung gezählt, sondern mich immer als Journalist gesehen, doch für die BDO gehörte ich zu denen, die aktiv am ‚Darts-Split‘ beteiligt waren. Zehn Jahre lang berichtete ich für BBC Radio von der ‚Embassy‘ und fast parallel für Sky von der PDC-WM. Folglich kenne ich viele interessante Geschichten und wenngleich ich sagen muss, dass es bei der BDO einige gab, die mich sehr freundlich empfangen haben, trifft dies gewiss nicht auf alle zu.“

Phil Taylor und Rod Harrington im Jahr 2009

Der damalige Weltklassespieler Rod Harrington spielte bei der Vertretung der WDC-Spieler vor Gericht ebenfalls eine entscheidende Rolle und ist seit seinem Einzug in den Aufsichtsrat der PDC maßgeblich an der Entwicklung der Organisation beteiligt, wie z.B. an der Einführung des Pro Tour-Systems und der Development Tour für die jungen Spieler.

Er meint: „Kurz bevor Barry Hearn Präsident wurde, schaute ich mir Snooker, Golf, Tennis und Fußball an, um zu gucken, was wir von diesen Sportarten lernen können. Golf hatte eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, bevor die European Tour ins Leben gerufen wurde, Tennis und Snooker auch, und Cricket war ebenfalls auf dem Weg zu einer professionell betriebenen Sportart und kämpfte mit den gleichen Problemen wie wir. Ich übernahm ein paar Dinge von einigen wenigen Sportarten und baute sie in unser System ein. Darts steht heute hervorragend da und das haben wir dem zu verdanken, was das WDC vor 25 Jahren in die Wege geleitet hat.”

Viele Protagonisten der WDC- bzw. PDC-Gründung sind mittlerweile in die „Hall of Fame“ der PDC aufgenommen worden, so auch Dick Allix und Tommy Cox, die Schiedsrichter Freddie Williams und Bruce Spendley, John Raby und die Spieler Eric Bristow, John Lowe und Phil Taylor. Allix war zwei Jahrzehnte lang für die PDC tätig. Er fungierte anfangs als reiner Geschäftsführer und war später neben Turnierdirektor Cox, der sich 2016 zur Ruhe setzte, auch für die Organisation der Turniere verantwortlich.

„Ich bin sehr stolz“, meint Allix. „Mir war immer klar, dass man sich nur durchsetzen kann, wenn man gut genug ist und ich denke, dass die PDC heute für Qualität steht. Wir haben den Spielern damals lediglich versprochen, dass wir das Spiel wieder dahin zurückbringen würden, wo es schon einmal war, doch ich finde, unsere Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Nachdem wir dem Ziel durch kluges Handeln schon sehr nahe gekommen waren, ergab sich es im Jahr 2000 eine weitere entscheidende Wendung, als wir auf die schlaue Idee kamen und Barry und die ganz großen Fische ins Boot holten, weil sie das Profi-Darts auf die nächste Stufe bringen konnten. Die nächsten Schritte nach vorne setzte Barry, der Dinge machte, auf die wir niemals gekommen wären.“

„Noch heute sagen manche, sie hätten nie gedacht, dass die Sache so groß werden würde, dabei scheint sie sogar noch weiter zu wachsen. Darts macht eine atemberaubende Entwicklung durch. Cliff Lazarenko hat immer gesagt, dass er selbst zwar nicht mehr davon profitieren würde, wenn es funktioniert und wir erfolgreich sind – wenngleich man anmerken muss, dass jene 14 Spieler später Anteile an der PDC erhielten – doch dass er froh war, es durchgezogen zu haben, damit die Spieler in der Zukunft die Früchte der Anstrengung ernten können.“

Die 14 Spieler und Mitbegründer des WDC

  • Bob Anderson
  • Eric Bristow
  • Keith Deller
  • Peter Evison
  • Ritchie Gardner
  • Rod Harrington
  • Jamie Harvey
  • Cliff Lazarenko
  • John Lowe
  • Dennis Priestley
  • Kevin Spiolek
  • Phil Taylor
  • Alan Warriner
  • Jocky Wilson

Text: Dave Allen (PDC)
Übersetzung: Martin Rönnberg

 Vor 25 Jahren – Das erste Turnier des WDC

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